Die Schweiz bleibt auch 2017 das Land mit europaweit der höchsten und weltweit der viertgrössten wirtschaftlichen Freiheit. Das zeigt der Jahresbericht 2017 des Index für wirtschaftliche Freiheit, der in der Schweiz vom Liberalen Institut herausgegeben wird.
Einmal mehr erweist sich Hong Kong als das Land mit der grössten wirtschaftlichen Freiheit, gefolgt von Singapur, Neuseeland und der Schweiz. Die Schlusslichter des diesjährigen Rankings bilden die Republik Kongo, die Zentralafrikanische Republik und Venezuela. Diktaturen wie Kuba und Nordkorea werden wegen fehlender Daten im Ranking nicht aufgeführt. Die grössten Verlierer der letzten 15 Jahre sind Venezuela, Argentinien, Bolivien, Island und Griechenland. Am meisten wirtschaftliche Freiheit hinzugewonnen haben in der selben Periode Rumänien, Bulgarien, Ruanda, Albanien und Zypern.
Der Bericht bestätigt den engen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Wohlfahrtsentwicklung. Die freiesten 25% aller Länder weisen ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 42 463 Dollar auf, die unfreiesten 25% dagegen kamen nur auf 6 036 Dollar. Die ärmsten 10% der Bevölkerung in den freiesten Ländern erwirtschafteten ein Pro-Kopf-Einkommen von 11 998 Dollar, während die ärmsten 10% der Bevölkerung in den unfreisten Ländern lediglich 1 124 Dollar verdienten. Die Lebenserwartung liegt im obersten Viertel bei 80,7 Jahren, im untersten Viertel bei 64,4 Jahren.
Aufstieg populistischer Bewegungen und Geschlechterdisparität
Der diesjährige Bericht widmet der Erstarkung einwanderungskritischer, populistischer Bewegungen in den Industrieländern ein gesondertes Kapitel. Die Studie, die Daten der 27 OECD-Länder zwischen 1990 und 2014 untersucht, kommt zum Schluss, dass ausländerkritische Bewegungen hauptsächlich dort erstarken, wo es viele Einwanderer gibt, die von der Unterstützung des Sozialstaates abhängig sind. Bei der einheimischen Bevölkerung löst das Unmut aus und führt zu einem «Wohlfahrtsstaatschauvinismus». Dies zeigt, dass der gesellschaftliche Frieden eher gefährdet wird, wenn die wirtschaftliche Freiheit zugunsten einer aufgeblähten sozialstaatlichen Umverteilung geopfert wird.
Ein weiteres Kapitel ist der Disparität der Geschlechter gewidmet. Es wird aufgezeigt, dass Frauen in jenen Ländern, in welchen die Geschlechterungleichheit am grössten ist, nicht die gleichen wirtschaftlichen Freiheiten geniessen, wie Männer. Werden Frauen vom beidseits vorteilhaften und freiwilligen Handel ausgeschlossen, wird ein signifikanter Teil des wirtschaftlichen Potenzials eines Landes unterdrückt. Dies betrifft vor allem Länder im Nahen Osten und in Nordafrika. Des Weiteren ist das Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Geschlechtergleichheit vor dem Recht positiv: In wirtschaftlich freieren Ländern ist die Geschlechterdisparität am geringsten. Wer sich für grössere wirtschaftliche Freiheiten einsetzt, leistet letztlich auch einen entscheidenden Beitrag zum Abbau der Geschlechterdiskriminierung
Die Schweiz im internationalen Vergleich
Die Schweiz erfährt im diesjährigen Bericht eine leichte Verbesserung und kommt auf die folgenden Werte (auf einer Skala von 1 bis 10):
- Umfang der Staatstätigkeit: stabil gegenüber dem Vorjahr bei 7,7
- Rechtsstaatlichkeit und Schutz des Privateigentums: Leichte Verbesserung auf 8,6 von 8,5 im Vorjahr
- Zugang zu stabilem Geld: stabil mit 9,8
- Freiheit zu weltweitem Handel: Verbesserung auf 7,5 (Vorjahr: 7,3)
- Regulierungsdichte: Verbesserung auf 8,6 (Vorjahr: 8,0)
Die Schweiz kann ihre Stellung hauptsächlich aufgrund der Schuldenbremse und ihrer offensiven Aussenhandelspolitik behaupten. Trotz des relativ guten Abschneidens im Verhältnis zu anderen Ländern darf jedoch kein falscher Eindruck entstehen: Der Staatsumfang ist auch in der Schweiz entschieden zu gross. Würde die Staatstätigkeit etwa in den Bereichen Sozialversicherungen und Landwirtschaft reduziert, könnten enorme Wachstumspotenziale freigesetzt und der Lebensstandard weiter verbessert werden.
Unter den 10 wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt finden sich neben Hong Kong (9,0 Punkte), Singapur (8,8), Neuseeland (8,5) und der Schweiz (8,4) auch Irland (8,2), Grossbritannien (8,0), Mauritius (8,0), Georgien (8,0), Australien (8,0) und Estland (7,6).
Unter den weiteren grossen Volkswirtschaften belegen die USA und Kanada gemeinsam Rang 11, Deutschland Rang 23, Südkorea Rang 32, Japan Rang 39, Frankreich Rang 52 und Italien Rang 54. Mexiko liegt auf Rang 76 und damit deutlich vor Indien (Rang 95), Russland (Rang 100), China (Rang 112) und Brasilien (Rang 137). Dies zeigt das erhebliche Aufholpotential, das die so genannten BRIC-Staaten noch haben.
Download Bericht:
Economic Freedom of the World (320 Seiten, PDF)