Die Nordländer, namentlich Schweden, haben einen starken Wohlfahrtsstaat und sind wirtschaftlich und gesellschaftlich besonders erfolgreich. Linke in aller Welt fordern deshalb gern in ihren Ländern eine skandinavische Wirtschaftspolitik. Es gibt auch Liberale, die vom „skandinavischen Modell“ fasziniert sind.
Unbestritten ist, dass sich nordische Gesellschaften durch einen hohen Lebensstandard, eine tiefe Kriminalitätsrate und eine gleichmässige Einkommensverteilung auszeichnen. Man ist deshalb versucht anzunehmen, dieser Erfolg sei das Ergebnis ihrer Wirtschaftspolitik. Eine neue Studie des Liberalen Instituts zeigt auf, dass die Ursache des Erfolgs aber älter als der Wohlfahrtsstaat ist und in Besonderheiten der nordischen Kultur begründet liegt.
Schweden, Dänemark, Norwegen und teilweise Finnland zeichnen sich durch ein hohes Mass an Vertrauen, eine hervorragende Arbeitsmoral, Bürgerbeteiligung, sozialen Zusammenhalt und einen starken Familiensinn aus. Diese wurden über viele Generationen in einem rauen Klima, einer homogenen Bevölkerung und einer vom Protestantismus geprägten Kultur aufgebaut.
Eine Besonderheit der skandinavischen Geschichte ist, dass die Bauern früher als in anderen, von Feudalsystemen geprägten Ländern unabhängig geworden waren und über Privateigentum an Land verfügten. Für sie war harte Arbeit nicht nur eine Notwendigkeit, sondern sie zahlte sich auch materiell aus. Zudem errichteten sie früher als andere einen freien Markt zum Handel mit ihren Waren.
Vor diesem Hintergrund entwickelten die nordischen Völker früher als andere eine hervorragende Arbeitsmoral und ein hohes Mass an wechselseitigem Vertrauen, die ihnen später ermöglichten, hohe Steuern zu erheben und grosszügige staatliche Sozialleistungen bei begrenztem Missbrauchsrisiko und unerwünschter Anreizwirkungen anzubieten. Die Behauptung, die nordischen Länder seien wegen ihres ausgebauten Sozialstaates erfolgreich, verwechselt also Ursache und Wirkung.
Das Paper des Liberalen Instituts untersucht den wirtschaftlichen Erfolg von Skandinaviern, die in die Vereinigten Staaten übersiedelt sind. Es zeigt, dass sie dort weit überdurchschnittlich reüssieren (ihr Haushaltseinkommen liegt 17 Prozent über dem US-Durchschnitt). Die Datenlage legt nahe, dass sie in den USA sogar wohlhabender sind als jene Skandinavier, die in ihrer Heimat geblieben sind. Dies bestätigt die gängige Meinung, wonach kulturelle Merkmale einen wesentlichen Einfluss auf wirtschaftlichen Wohlstand haben.
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