Im 19. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Säkularisierungen, wurde die Allmacht Gottes in Frage gestellt und durch eine Allmacht des Staates ersetzt. Zwar wird dieser Glaube immer mal wieder von Zweifeln erschüttert, etwa wenn dieser allmächtige Staat nicht genau das tut, was man will. Diese Erschütterungen im Glauben führen allerdings nicht zur Einsicht, dass der Staat kein Allerheilmittel ist, sondern lediglich dazu, dass ein anderer, möglicherweise noch stärkerer Staat erschaffen werden müsse, von dem man sich die Erfüllung sämtlicher Wünsche und Bedürfnisse erhofft.
Vernachlässigt wird jedoch die Sicht des Staates als eine Organisation der Aggression, welche den Zweck verfolgt, die Ziele der Herrschenden auf Kosten der Beherrschten zu verwirklichen. Nach Franz Oppenheimer ist der Staat «seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach auf seinen ersten Daseinsstufen fast ganz eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äussere Angriffe zu sichern. Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger.»
Wie haben sich Staatsskeptiker und Herrschaftskritiker angesichts dieser bestehenden Herausforderung zu verhalten? Staatliche Einmischung in das Leben der Individuen lässt sich nicht ohne weiteres beseitigen. Was Liberalen jedoch bleibt, ist das sich Einbringen im Wettbewerb der Ideen, der Kampf gegen weitere Verstaatlichungen und der Einsatz für eine Dezentralisierung der politischen Macht, sodass sich die miteinander konkurrierenden politischen Einheiten gegenseitig kontrollieren und entgiften.
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