Die sogenannte Kreditkrise, die mit Zahlungsausfällen im amerikanischen Markt für Hypothekenkredite mit geringer Bonität („Subprime“) ihren Ausgang genommen hat, hat die Fehlkonstruktion des staatlich kontrollierten Papiergeldsystems offen gelegt: Das systemimmanente Auftürmen von immer mehr Kredit manövriert die Volkswirtschaften in die Überschuldung — an deren Ende unweigerlich eine grosse Inflation stehen wird.
Im heutigen Staatsgeldsystem wird Geld durch Kreditgewährung der Banken „geschöpft“. Wenn Banken Kredite an Private vergeben, wird die Geldmenge erhöht. Werden Kredite zurückgezahlt, sinkt die Geldmenge. Die Geldmenge ist damit im Kern das Ergebnis von Kreditangebot und Kreditnachfrage. Doch viel Kredit und Geld braucht und verträgt eine Volkswirtschaft?
Als Monopolanbieter von Geld sehen sich Zentralbanken — dem Erkenntnisgewinn der freien Marktkräfte beraubt — einer Wissenshürde gegenüber: Sie wissen nicht, wie viel Kredit und Geld eine Volkswirtschaft braucht. Das Wissensvakuum wird durch politische Ideologien und eine von Interessengruppen geleitete Politik ausgefüllt. Und so kommt es zu einer Geldpolitik, in der niedrige Zinsen und immer mehr Kredit und Geld als Mittel gesehen werden, um Investitionen, Wachstum und Beschäftigung zu begünstigen.
In nahezu allen westlichen Industrieländern lassen die Zentralbanken die Bankkredite stärker anwachsen, als die Einkommen zunehmen. Die Folge ist eine immer höhere Verschuldung. Zudem hat die Geldpolitik der Niedrigzinsen das Spekulieren mit Krediten provoziert, und das pyramidenartige Auftürmen von Kredit und kreditbezogenen Anlageprodukten hat die Anfälligkeit des Kreditsystems gegenüber Bankrotten einzelner Marktakteure stark erhöht.
Die sich jetzt zeigenden Zahlungsausfälle und Bewertungsabschläge der Kreditportfolios beginnen, das Eigenkapital der Banken zu vermindern. Dies kann die Fähigkeit und/oder Bereitschaft der Banken, neue Kredite zu vergeben, schmälern. Denn Banken müssen ihre Risikoaktiva mit (einem geringen Prozentsatz) Eigenkapital unterlegen.
Banken könnten nun versuchen, ihre Risikoaktiva zu verkaufen („Fire Sale“), um so wieder die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Volkswirtschaftlich gesehen problematisch ist dabei jedoch, dass ein Verkauf von Bankenaktiva (z. B. an Versicherungen und Fonds) die Geldmenge vermindert: Letztere bezahlen mit Geschäftsbankengeld gegenüber den Banken, das dadurch „vernichtet“ wird.
Die Folge wäre also ein deflationärer Effekt. Eine solche Deflation dürfte ökonomisch schmerzhaft werden, weil Banken bei Eigenkapitalverlusten ihre Risikoaktiva um ein Vielfaches abbauen müssen. Hinzu kommt, dass der Bankensektor im herrschenden Regime des Teilreserven-Systems („Fractional Reserve Banking“) seine Zahlungsverpflichtungen — sollten sie denn eingefordert werden — de facto nicht erfüllen kann.
Ein „Bank-Run“ ist daher eine latente reale Gefahr für die Stabilität des Teilreserven-Systems. Um die Gefahr einer Kredit- und Geldmengenkontraktion zu verhindern, haben die Zentralbanken begonnen, den Banken Risikoaktiva im Tausch gegen Regierungsanleihen oder Zentralbankgeld abzunehmen. Auf diese Weise soll das Eigenkapital der Banken entlastet und der (Markt-)Wert der Risikoaktiva — weil die Zentralbanken ja als effektive Nachfrager auftreten — vor weiterem Wertverfall bewahrt werden.
Natürlich beschaffen sich Banken auch neue Eigenmittel, um ihre Kapitalquoten aufzubessern. Doch dieser Weg der Refinanzierung hat Grenzen. Denn wenn Nichtbanken neu ausgegebene Bankaktien erwerben, sinkt die Geldmenge ebenfalls: Auf der Passivseite des Bankenbilanzen nehmen die Sichteinlagen in Höhe des neu ausgegebenen Eigenkapitals ab, weil Nichtbanken den Aktienkauf gegenüber Banken mit Sichteinlagen bezahlen.
Die Rekapitalisierung der Banken steht und fällt mit der Erwartung der Investoren, dass das Bankgeschäft künftig gewinnträchtig bleibt. Die Neuausstattung mit Eigenkapital hängt also davon ab, dass Investoren erwarten, dass Banken mit der Kreditvergabe auch künftig Geld verdienen werden. Den Zentralbanken bleibt nichts anderes übrig, als mit billigen Refinanzierungskosten und mehr Zentralbankgeld dafür zu sorgen, dass der Kredit- und Geldschöpfungsmotor in Gang bleibt.
Im Geldangebotsmonopol kann jede drohende Kreditkrise abgewendet werden: Zentralbanken können Schuldnern zur Hilfe kommen und ihre Schulden mit neu gedrucktem Geld bezahlen. Und weil mittlerweile Rezession und Preisverfall mehr gefürchtet werden als Inflation, läuft die immer weiter um sich greifende Kreditkrise auf Geldentwertung hinaus: Denn vor die Wahl gestellt, Banken pleite gehen zu lassen oder die Saat für Inflation zu legen, werden Regierungen und Zentralbanken sich gegen ersteres und für zweiteres entscheiden.
Es ist natürlich denkbar, dass die Regierungen sich entschliessen, Banken die schadhaften Kredite und Wertpapiere abzunehmen, in einen Spezialfond einzulagern und diesen mit staatsgarantierten Anleihen zu refinanzieren. Doch auch hier wäre eine Bilanzverkürzung der Banken mit einer Geldmengenreduktion die Folge: Die Regierungen würden letztlich mit Sichteinlagen gegenüber den Banken bezahlen — also käme es auch hier zu einem deflationären Effekt.
Die bislang öffentlich diskutierten Massnahmen, um künftige Krisen zu vermeiden — hierzu zählen das Verschärfen der Finanzaufsicht, ein Erhöhen der Transparenz und ein Beschränken der Risikolimite —, dürften am Kern der Ursache vorbeigehen: Denn Kern der aktuellen Krise ist das staatlich geführte Papiergeld. Doch es gibt Wege, der Zerstörung des Geldes entgegenzuwirken.
In einem ersten Schritt wären die nationalen Geldmengen mit einem festen Umtauschverhältnis an das Gold anzubinden, das noch in den Kellern der Zentralbanken lagert. Gleichzeitig wäre Geldhaltern das Recht einzuräumen, ihre Bankguthaben jederzeit in Gold umtauschen zu können. In einem zweiten Schritt könnte das Geldsystem privatisiert, also in ein System des „Free Banking“ entlassen werden.
Geschäftsbanken könnten von da an eigenes Geld anbieten. Vermutlich würde der Wettbewerb um das beste Geld, wie in früheren Epochen auch, dafür sorgen, dass das gute Geld eines ist, das durch Gold oder Silber gedeckt ist; vielleicht würde sich auch ein „Bimetallismus“ herausbilden, bei dem Gold und Silber als Geld fungieren.
Ein solches System verspräche nicht nur „besseres Geld“, sondern Konjunkturverläufe würden auch weniger schwankungsanfällig werden, weil freies Marktgeld Fehlinvestitionen und damit Wirtschaftskrisen entgegenwirkt. Der Spielraum für wachstumsschädliche Marktinterventionen, die regelmässig aus Wirtschafts- und Finanzkrisen erwachsen, würde zurückgedrängt werden. Damit wäre auch die Bedrohung der Freiheit, die latente Gefahr monetärer Planwirtschaft, entschärft. Freies Marktgeld ist die beste Versicherung gegen die Unbeherrschbarkeit und Willfährigkeit des staatlichen Papiergeldmonopols.
Das Liberale Institut bedankt sich beim Autor für die freundliche Genehmigung zur Weiterveröffentlichung.