Als Reaktion auf die zunehmende Bedrohung der Freiheit und des Eigentums in heutigen Wohlfahrtsstaaten entstanden liberale Gegenentwürfe. Darunter auch eine reine Form des Liberalismus, der auch als Privatrechtsgesellschaft bekannt ist, wo einerseits kein öffentliches Recht über und neben dem Privatrecht existiert und wo andererseits die Privatisierung von allem, von Land und Wasser und die konsequente Achtung von Eigentumsrechten durchgesetzt werden soll. In dem Paper wird argumentiert, dass der reine Liberalismus als makelloses Ideal nicht taugt, sondern mit theoretischen wie praktischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.
Ein wesentliches Problem dieses Ansatzes ist es, dass Rechte und Pflichten in einer Privatrechtsgesellschaft nur durch Verträge entstehen. Tiere werden dabei als grundsätzlich nicht vertragsfähig erachtet. Doch der Mensch ist kein besonderes, mit einzigartiger Intelligenz ausgestattetes Wesen. Tiere unterscheiden sich graduell, aber nicht kategorial von uns auch hinsichtlich der Intelligenz, des Bewusstseins, und der Rationalität. Wenn der Mensch eine nicht so herausgehobene Stellung hat wie angenommen, dann sollten nicht-menschliche Tiere, die ebenso (zumindest in den hohen Entwicklungsformen) ein Recht auf Eigentum an ihrem Körper hätten, nicht kategorisch aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden.
Ein weiteres Problem ist die Frage der Haftung bei Verletzung von Eigentumsrechten. Wäre in einer Privatrechtsgesellschaft nur derjenige haftbar, dem man eine direkte Kausalität nachweisen kann? Wirkungen können jedoch überdeterminiert sein, also mehr als eine hinreichende Ursache zählen (etwa wenn ich den Rasen giesse und es gleichzeitig regnet); oder Ursachen können nur probabilistische sein, also nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (<1) einen Effekt zeitigen (wenn ich rauchen würde, müsste ich nicht unbedingt Lungenkrebs bekommen). Weiterhin kann man zwischen ordentlichen Ursachen und blossen, aber essentiellen Rahmenbedingungen unterscheiden: Ist das Vorliegen von Sauerstoff die Ursache oder lediglich eine notwendige Bedingung für ein Feuer? Kurzum, der pure Liberalismus blendet eine reichhaltige und Klarheit schaffende philosophische Debatte aus.
Download LI-Paper
(7 Seiten, PDF)