Die Schweiz bleibt auch 2011 das Land mit der europaweit höchsten und weltweit vierthöchsten wirtschaftlichen Freiheit. Das zeigt der Jahresbericht 2011 des Index für wirtschaftliche Freiheit, der in der Schweiz vom Liberalen Institut herausgegeben wird. Weltweit sank der Index von 6,67 auf 6,64. Der Trend ist vor allem auf die kontraproduktiven budgetären, regulatorischen und monetären Antworten der Regierungen auf die Überschuldungskrise zurückzuführen. Die USA rutschen aufgrund ihrer Politik vom 6. auf den 10. Platz des Rankings ab.
Hong Kong erweist sich einmal mehr als das Land mit der weltweit höchsten ökonomischen Freiheit, gefolgt von Singapur und Neuseeland. Das Schlusslicht des diesjährigen Rankings bildet Simbabwe, nur wenig freier zeigen sich die Volkswirtschaften von Myanmar und Venezuela.
Der Index wirtschaftlicher Freiheit beurteilt die politischen Rahmenbedingungen eines Landes anhand von 42 Indikatoren und kalkuliert so eine Rangordnung der untersuchten Länder. Die wirtschaftliche Freiheit eines Landes wird in fünf Bereichen gemessen: (1) Umfang der Staatstätigkeit, (2) Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit privaten Eigentums, (3) Stabilität der Währung, (4) internationale Handelsfreiheit und (5) Regulierungsdichte.
Analysen auf Basis des Index wirtschaftlicher Freiheit zeigen, dass wirtschaftliche Freiheit nicht nur einen positiven Einfluss auf das Einkommen und Wirtschaftswachstum eines Landes entfaltet, sie trägt auch zu einem Abbau der Armut bei. Lebenserwartung, bürgerliche Teilhabe und die Gleichberechtigung der Geschlechter nach dem UNDP Gender Inequality Index weisen einen positiven Zusammenhang mit wirtschaftlicher Freiheit auf.
«Die positive Wirkung freiheitlicher Rahmenbedingungen auf eine nachhaltige ökonomische Entwicklung ist nicht zu übersehen. Dies sollte sich nicht nur in der Entwicklungshilfepolitik niederschlagen, auch in Europa müssen die Weichen richtig gestellt werden», kommentiert Prof. Christian Hoffmann, Forschungsleiter des Liberalen Instituts.
Entwicklungsziele erfordern wirtschaftliche Freiheit
Erstmals untersuchte der Bericht 2011 die Auswirkungen wirtschaftlicher Freiheit relativ zu den Folgen sozialstaatlicher Intervention. Eine Stärkung der wirtschaftlichen Freiheit weist demnach einen deutlichen Zusammenhang nicht nur mit einem steigendem Pro-Kopf-Einkommen und Wirtschaftswachstum auf, sie korreliert auch positiv mit der Lebenserwartung, dem durchschnittlichen Bildungsgrad und der Gesundheitsversorgung der Bürger. Dagegen konnte international kein positiver Zusammenhang zwischen einem Ausbau sozialstaatlicher Ansprüche und der ökonomischen Entwicklung eines Landes festgestellt werden.
Die Autoren betonen, dass die Prioritäten sowohl in der Entwicklungszusammenarbeit als auch in der Wirtschaftspolitik des Westens an diesen Ergebnissen ausgerichtet werden sollten. Im Nachgang der jüngsten Finanz- und Schuldenkrisen verzeichnet der Index 2011 einen markanten Rückgang wirtschaftlicher Freiheit vor allem unter den globalen Wachstumsmärkten. In Europa verzeichnet Deutschland einen weiteren Rückgang wirtschaftlicher Freiheit. Nicht zuletzt weisen auch China und Indien deutliche Rückschritte auf.
«Der aktuelle Index wirtschaftlicher Freiheit zeichnet ein bedrohliches Bild. Die blinden Staatsausweitungen der letzten Jahre müssen beendet werden, wenn die weltweite Entwicklung nicht gefährdet werden soll. Nur eine Rückkehr zu tiefen Staatsausgaben und damit eine Verstärkung des Privatsektors kann wieder Wohlstand schaffen», so Pierre Bessard, Direktor des Liberalen Instituts.
Ranking der Schweiz und internationaler Vergleich
Die Schweiz erhielt im diesjährigen Bericht die folgenden Wertungen (jeweils auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 den höchsten Wert wirtschaftlicher Freiheit darstellt):
- Umfang der Staatstätigkeit: leichte Verbesserung auf 6.94 von 6.90 im Vorjahr
- Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit privaten Eigentums: unverändert bei 8,44
- Stabilität der Währung: weitere Abnahme auf 9,29 nach 9,40 im Vorjahr
- internationale Handelsfreiheit: Rückgang auf 6,64 (Vorjahr: 6,75)
- Regulierungsdichte: gestiegen auf 8,29 nach 8,07 im Vorjahr.
Unter den 10 wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt finden sich neben Hong Kong (9,01 von 10 möglichen Punkten), Singapur (8,68), Neuseeland (8,20) und der Schweiz (8,03) auch Australien (7,98), Kanada (7,81), Chile (7,77), Grossbritannien (7,71), Mauritius (7,67) und die Vereinigten Staaten (7,60).
Unter den weiteren grossen Volkswirtschaften belegte Deutschland Platz 21 (7,45), Japan Platz 22 (7,44), Frankreich Platz 42 (7,16) und Italien Platz 70 (6,81). Bedenklich stimmt, dass grosse Wachstumsmärkte wie Indien (94/6,40) und China (92/6,43) in der Berichtsperiode an wirtschaftlicher Freiheit eingebüsst haben. Auch Brasilien (102/6,19) und Russland (81/6,55) bewegen sich nach wie vor im unteren Mittelfeld des Indexes und weisen erheblichen Nachholbedarf auf.
Seit 1990 konnten einige Staaten ihre Rahmenbedingungen markant verbessern: Uganda steigerte in dieser Zeit seine Wertung von 3,00 auf 7,10, Sambia kletterte von 3,52 auf 7,35. Auch die Bürger von Nicaragua (6,76 von 2,96), Albanien (7,54 von 4,24) und Peru (7,29 von 4,13) konnten von einer deutlich gestiegenen wirtschaftlichen Freiheit profitieren.
Ein markantes Defizit an wirtschaftlicher Freiheit weisen auch im Jahr 2011 vor allem zahlreiche Entwicklungsländer des afrikanischen Kontinents auf. Selbst die ärmsten 10% der Bewohner der wirtschaftlich freiesten Staaten sind doppelt so reich, wie der Bevölkerungsdurchschnitt der diesjährigen Schlusslichter: Simbabwe (4,08), Myanmar (4,16), Venezuela (4,28), Angola (4,76), die Demokratische Republik Kongo (4,84), die Zentralafrikanische Republik (4,88), Guinea-Bissau (5,03), die Republik Kongo (5,04), Burundi (5,12), Tschad (5,32) und Algerien (5,36).
Download Bericht:
Economic Freedom of the World (234 Seiten, PDF)