Was heute noch wie ein Märchen klingt, kann morgen schon Wirklichkeit sein. Kapitalistische Raumfahrt kann viele Probleme wie etwa begrenzte Rohstoffe oder Energiegewinnung lösen. Viele Firmen arbeiten bereits daran. Elon Musk erkannte schon im Jahr 2003:
„Ich mag es, an Dingen beteiligt zu sein, die die Welt verändern. Das Internet hat es getan, und die Raumfahrt wird wahrscheinlich mehr als alles andere dafür verantwortlich sein, die Welt zu verändern.“
Inzwischen wird die Weltraumwirtschaft als „die nächste Billionen-Dollar-Industrie der Wall Street“ (CNBC) gesehen, die Bank of America sagt voraus, dass „die wachsende Weltraumwirtschaft sich in den nächsten zehn Jahren mehr als verdreifachen und zu einem Markt von 1,4 Billionen Dollar werden wird“. Und Morgan Stanley erwartet, dass ein weltraumbasiertes Unternehmen den ersten Billionär der Welt hervorbringen wird.
Schon 2016 sagte Amazon-Gründer Jeff Bezos:
„Ich denke, dass wir in den nächsten paar hundert Jahren unsere Schwerindustrie vom Planeten verlagern müssen. Unsere Erde wird als Wohn- und Leichtindustriegebiet ausgewiesen sein … Man sollte auf der Erde keine Schwerindustrie betreiben. Die Ressourcen sind im Weltraum reichlich vorhanden. Wir können gigantische Chipfabriken im Weltraum bauen und dann nur die Bits runterschicken. Wir müssen sie hier gar nicht bauen.“
Tausende Mikro-Satelliten
Das klingt wie Science Fiction, doch in den vergangenen Jahren hat sich eine gigantische private Raumfahrtindustrie entwickelt, die sehr viel effizienter ist als die klassische staatliche Raumfahrt. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt sind die Namen von Milliardären wie Jeff Bezos, Elon Musk und Richard Branson, doch es gibt Hunderte weitere Player der kapitalistischen Raumfahrtindustrie weltweit. Der Raumfahrtexperte Eugen Reichl informiert darüber in seinem Buch „Die Zukunft der Raumfahrt. Private Projekte“.
Ein Beispiel: Früher waren Satelliten tonnenschwere Raumfahrzeuge, die ein hohes Budget, viel Zeit und viel Expertise verlangt haben. Noch vor zehn Jahren wurden nur wenige Mikrosatelliten und sogenannte CubeSats gestartet, heute sind es bereits weit über 1000 pro Jahr. Ein CubeSat ist ein kleiner Satellit, der aus einem oder mehreren würfelförmigen Modulen mit jeweils nur zehn Zentimetern Seitenlänge besteht. Diese Raumfahrzeuge sind nicht nur klein, sondern auch sehr leicht: Eine Einheit wiegt maximal 1,33 Kilo.
Private Firmen bereiten sich zudem schon auf den Abbau von Rohstoffen von Asteroiden vor. Asteroiden, so Reichl, könnten die Rohmaterial-Bergwerke der Zukunft sein. Ein Beispiel ist der Asteroid Psyche, Teil des Asteroidengürtels zwischen Mars und Jupiter. Er ist – je nach aktueller Position auf der Umlaufbahn um die Sonne – zwischen 378 Millionen bis 497 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Der Asteroid besteht zum größten Teil aus Nickel und Eisen.
Bei einem Durchmesser von 235 Kilometern könnte er ganz allein – den heutigen Jahresverbrauch dieser beiden Metalle zugrunde gelegt – den gesamten Bedarf der Erde für mehr als zehn Millionen Jahre decken. Und Psyche ist nur einer von etwa 1,5 Millionen Asteroiden mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer, die sich im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter bewegen.
Der Satz „Die Ressourcen der Erde sind endlich, und daher ist endloses Wachstum unmöglich“ klingt auf den ersten Blick plausibel, ist aber aus vielen Gründen falsch. Nicht nur, weil Ressourcen dank des Kapitalismus immer effizienter genutzt wurden und mehr Wachstum heute keineswegs gleichbedeutend sein muss mit mehr Ressourcenverbrauch, sondern auch, weil es keinen Grund für die Annahme gibt, dass die Menschheit sich künftig auf die Ressourcen der Erde beschränken wird.
Und was ist mit der Energie? Liegt die Lösung der Menschheitsprobleme in Degrowth und, wie es beispielsweise Ulrike Hermann vorschlägt, in der Einführung einer staatlichen Planwirtschaft? Oder werden von Unternehmern nutzbar gemachte technologische Innovationen unsere Probleme lösen?
Die europäische Raumfahrtagentur ESA informiert: „Jahrzehntelange Forschung hat zu einer Vielzahl von Konzepten geführt, bei denen unterschiedliche Formen der Stromerzeugung, -umwandlung und -übertragung zum Einsatz kommen. Das sogenannte Referenzdesign wandelt Sonnenenergie über Photovoltaikzellen in einer geostationären Umlaufbahn um die Erde in Strom um. Der Strom wird dann drahtlos in Form von Mikrowellen bei 2,45 GHz an spezielle Empfangsstationen auf der Erde, sogenannte „Rectennas“, übertragen, die die Energie wieder in Strom umwandeln und in das lokale Netz einspeisen.
Energie wird drahtlos übertragen
Da die Energie drahtlos übertragen wird, wird es möglich sein, sie an Empfängerstationen dort zu übertragen, wo sie benötigt wird, sogar auf dem Mond oder anderen Planeten, wo eine leicht verfügbare Energieversorgung unsere Möglichkeiten zur Erforschung dieser Orte verbessern wird.“
Die Gewinnung von Energie mit Solarkraftwerken im Erdorbit, die ihre erzeugte Energie mittels Mikrowellenstrahlung zur Erde senden, ist kein Science Fiction, sondern ein Projekt, an dem viele Firmen und Länder mit Hochdruck arbeiten, so unter anderem die USA, Australien, Großbritannien, Indien und Südkorea, aber auch China. Und im Weltall gibt es keine Dunkelflaute, die Solarenergie steht 365 Tage im Jahr allzeit zur Verfügung.
Die Raketen, die benötigt werden, um Raumstationen, Satelliten, Solarkraftwerke usw. ins Weltall zu bringen, werden dank der Entwicklung der kapitalistischen Raumfahrt immer billiger. Die Starships von Elon Musk sind nicht nur wesentlich leistungsfähiger als die alten Nasa-Raketen, sondern auch ungleich günstiger. Vor allem sind sie keine „Wegwerf-Raketen“ für die einmalige Nutzung, sondern wieder verwendbar.
Der Weltraum-Tourismus wird von vielen Menschen kritisch gesehen: Einige Superreiche, die es sich leisten können, gönnen sich ein teures Hobby, das dazu noch klimaschädlich ist, heißt es. In Wahrheit ist es so wie bei allen Innovationen: Zuerst stehen neue Produkte nur den Reichen und Superreichen zur Verfügung, die die hohen Entwicklungskosten finanzieren. Das war seinerzeit beim Auto im Prinzip auch nicht anders.
Der Weltraumtourismus ist das, was die Schlagzeilen beherrscht. Tatsächlich aber geht es darum, die unendlichen Rohstoffvorkommen auf anderen Monden, Planeten und Asteroiden für die Menschheit nutzbar zu machen und Lösungen für unser Energieproblem zu finden, die die Umwelt auf der Erde nicht belasten. Die Lösung der großen Menschheitsprobleme liegt nicht in immer dichteren staatlichen Regelungen und Verboten, sondern in der Fantasie und Kreativität von Unternehmern, die nur der Kapitalismus ermöglicht.
Dieser Beitrag von Rainer Zitelmann ist zuerst auf Welt.de erschienen.