Bislang war die eigene Haustür die Grenze, die der Schnüffelstaat noch halbwegs respektierte. Doch das neue EU-weite Vermögensregister macht damit Schluss. Im zentralen EU-Register sollen sämtliche Vermögensdaten der Bürger aufgeführt werden: Schmuck, Porzellan, Edelmetalle, Autos, Kryptowährungen, Kunstwerke, Bargeld, Briefmarkensammlung, antiquarische Bücher – einfach alles von höherem Wert. Auf diese Vermögensdaten sollen voraussichtlich nicht nur Behörden, sondern auch Journalisten und andere Akteure aus der Zivilgesellschaft Zugriff bekommen.
Anstatt auf Transparenz beim mächtigen Staatsapparat zu setzen, wie es aus liberaler Sicht geboten wäre, setzt man auf die totale Transparenz der Bürger – und damit auch auf die Abschaffung der finanziellen Privatsphäre.
Vordergründig geht es bei dieser Beseitigung des Datenschutzes um die Bekämpfung der Geldwäscherei – wie so oft, wenn es der Freiheit der Bürger an den Kragen gehen soll. Denn das klingt unverdächtig. Doch diese Begründung ist lächerlich, weil Kriminelle sich nicht an solche Gesetze halten werden. Eine weitere Gesetzesübertretung spielt für sie keine Rolle mehr.
In Wahrheit geht es um etwas ganz anderes: Der Appetit und die fiskalische Gier der hochverschuldeten und übergewichtigen Staaten ist riesengross. Nachdem sich der Staatsumfang in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich ausgedehnt hat und wegen des massiven Eingreifens während Corona explodiert ist, müssen immer neue Ressourcen her, um den Heisshunger des ausser Rand und Band geratenen Leviathans zu stillen. Das Vermögensregister dient in erster Linie dazu, die Besitztümer gründlich aufzulisten, um eine detaillierte Übersicht zu schaffen, wo es was zu holen gibt. Es geht um die Ermöglichung eines effizienten Vorgehens beim staatlichen Raubüberfall auf die rechtschaffenen Bürger.
Bisherige Strategien funktionieren nicht mehr
Nachdem die Staatsvertreter ihren Ressourcenhunger nicht mehr vollumfänglich über Steuern haben stillen können, haben sie sich zunächst hochgradig auf Kosten der nächsten Generation verschuldet, um den heutigen Steuerzahlern nicht die ganze Rechnung ihres exzessiven Treibens präsentieren zu müssen. Dann enteigneten die politisch eingeführten Zentralbanken die Bürger durch die Hintertür: durch Inflation, Geldentwertung und Kaufkraftdiebstahl.
Beide Tricks können jedoch nicht auf lange Dauer funktionieren, und genau so ist es auch gekommen: Die staatliche Verschuldung hat zunächst die Verschuldungskosten in Form von Zinsen in die Höhe getrieben, weshalb die Zentralbanken kurzerhand die Zinsen mit planwirtschaftlichen Methoden heruntermanipuliert haben. Dies reduzierte zwar die Zinslast der Staaten, brachte aber ein Anstieg der Inflation mit sich. Die Zinsen mussten deshalb zur Bekämpfung der Inflation angehoben werden, weshalb nun die Staatsverschuldung unverhofft wieder zum Problem wird. Die Geldplanwirtschaft hat sich in ihren Widersprüchen verstrickt.
Finanzielle Repression aus Ausweg aus dem Dilemma?
Um sich weiter über Wasser zu halten, gibt es jetzt nur noch einen Weg: Die Phase der finanziellen Repression wird eingeläutet. Sprich: Es wird zum Totalangriff auf das Eigentum der Bürger geblasen. Das, was von der finanziellen Privatsphäre und vom Bankkundengeheimnis noch übrig geblieben ist, dürfte schon bald weggeweht werden. Der gläserne Bürger muss her. Auf keinen Fall soll er seine Ersparnisse vor den anstehenden Enteignungsorgien in Sicherheit bringen können.
Obwohl dieser Krieg der Staaten gegen ihre eigenen Bürger immer offensichtlicher geführt wird, halten die meisten Traditionsmedien verdächtig still. So als wäre es gar nicht ihre Aufgabe, den Mächtigen auf die Finger zu schauen und sich gegen die Entstehung eines totalitären Staates zur Wehr zu setzen. Einmal mehr stellt sich die vierte Gewalt kaum auf die Seite derjenigen, denen der Grossangriff der Gewaltmonopolisten droht, so als ginge sie das überhaupt nichts an. Ausgenommen von ein paar wenigen löblichen Ausnahmen verkommen sie durch ihr breites Schweigen zu Komplizen der Herrschenden – ein Bild, an das wir uns wohl spätestens seit der Corona-Zeit gewöhnen müssen.
Schweizer, hütet euch
Als Schweizer könnte man der Versuchung erliegen, sich erleichtert zurückzulehnen und froh darüber zu sein, nicht in der zunehmend übergriffigen EU zu wohnen. Doch diese Freude könnte verfrüht sein. Es bleibt zu befürchten, dass die EU ihr Schnüffelregister auch auf die Schweiz ausdehnen will.
Bereits letztes Jahr forderte die EU-Kommission von der Schweiz eine Verschärfung der Geldwäscherei-Vorschriften. Obwohl schon im Juli 2022 schärfere Regeln in der Schweiz in Kraft traten, reicht dies der EU nicht. Sie fordert noch weitergehende Schritte. EU-Kommissarin McGuiness spielte 2022 darauf an, dass die Schweiz auf eine schwarze Liste unkooperativer Staaten aufgenommen würde, wenn sie nicht schön brav mitspielen würde.
Und siehe da: Der Bundesrat übt sich tatsächlich in vorauseilendem Gehorsam. Ende August 2023 hat er das «Bundesgesetz über die Transparenz juristischer Personen und die Identifikation der wirtschaftlich berechtigten Personen» in die Vernehmlassung gegeben. In der Erläuterung heisst es:
«Das erste Ziel der Gesetzesvorlage ist die Erhöhung der Transparenz juristischer Personen, damit die Behörden effizienter und zuverlässiger feststellen können, wer hinter einer Rechtsstruktur steht. Ein rascher und effizienter Zugang zu solchen Informationen ist sowohl im Kampf gegen Geldwäscherei und Finanzkriminalität als auch im Zusammenhang mit der Durchsetzung von internationalen Sanktionen und des Steuerrechts entscheidend. Zu diesem Zweck wird ein eidgenössisches Register der wirtschaftlich berechtigten Personen eingeführt.»
Die Schweizer sollten also höchst wachsam bleiben, um sicherzustellen, dass dieser Angriff der EU und unserer eigenen Behörden auf die zentralen Menschenrechte des Eigentumsschutzes und der finanziellen Privatsphäre abgewehrt werden kann. Ein Platz auf einer schwarzen Liste der EU wäre nicht nur das weitaus geringere Übel. Es wäre angesichts des zunehmend toxischen Gebarens der EU eine Auszeichnung.
Dieser Beitrag ist am 2. November 2023 in der Weltwoche erschienen.