Die Schweiz bleibt auch 2019 das Land mit europaweit der höchsten und weltweit der viert-grössten wirtschaftlichen Freiheit. Das zeigt der Jahresbericht des Index für wirtschaftliche Freiheit 2019, der in der Schweiz vom Liberalen Institut mitherausgegeben wird.
Einmal mehr erweist sich Hong Kong als das Land mit der grössten wirtschaftlichen Freiheit, wobei die neusten Entwicklungen noch nicht mitberücksichtigt sind. Eingriffe in den Rechtsstaat durch die chinesische Regierung haben seit 2009 die absolute Stellung Hong Kongs in diesem Gebiet geschwächt. Die gegenwärtige Lage stellt ein weiteres Fragezeichen dar. Gefolgt wird Hong Kong im diesjährigen Ranking von Singapur, Neuseeland und der Schweiz. Die Schlusslichter bilden Venezuela, Libyen und der Sudan. Diktaturen wie Kuba und Nordkorea werden wegen fehlender Daten im Ranking nicht aufgeführt.
Der Bericht bestätigt den engen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Freiheit und Wohlfahrtsentwicklung. Die freiesten 25% aller Länder weisen ein Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von 36.770 Dollar auf, die unfreiesten 25% dagegen kamen nur auf 6.140 Dollar.
Die ärmsten 10% der Bevölkerung in den freiesten Ländern erwirtschafteten ein Pro-Kopf-Einkommen von 10.646 Dollar, während die ärmsten 10% der Bevölkerung in den unfreisten Ländern lediglich 1.503 Dollar verdienten. Die Lebenserwartung liegt im obersten Viertel bei 79,5 Jahren, im untersten Viertel bei 64,4 Jahren.
Welche Förderung des Unternehmertums?
Der diesjährige Bericht widmet sich zudem den verschiedenen Varianten zur Förderung des Unternehmertums. Obwohl die Idee, dass Unternehmertum die wirtschaftliche Entwicklung befeuert, nicht neu ist, haben Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger erst seit Kurzem im breiten Stil damit begonnen, die Rolle des Unternehmers beim Aufstieg von Nationen als entscheidend zu betrachten. Es wird anerkannt, dass die Unternehmer mit ihren Innovationen, ihrer Förderung des sozialen Wandels und der Schaffung von Wettbewerb die wichtigsten Treiber des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts sind.
Im Trend sind daher Massnahmen zur politischen Förderung des Unternehmertums mit Steuermitteln. Gerechtfertigt werden solche Massnahmen oft mit dem zweifelhaften Argument des «Marktversagens», wonach es auf einem freien Markt zu suboptimalen Ergebnissen komme — es also «zu wenig» Gründungen und «zu wenig» Innovationen gäbe. Diese Art der Förderung stellt sich leider oft als schädlicher Eingriff in die freien Marktprozesse heraus, welcher die wirtschaftliche Freiheit und damit die Entwicklung der betroffenen Länder unterminiert.
Es wird bei solchen Vorschlägen oftmals salopp davon ausgegangen, Staatsbeamte und Politiker verfügten über das nötige Wissen, welche Start-ups und Neugründungen in welchen Märkten besonders grosses Potenzial hätten, sodass die Förderung mit staatlichen Mitteln zu effizienteren Ergebnissen führen könne als bei Marktprozessen, in welchen das Wissen sämtlicher Marktteilnehmer nutzbar gemacht werden kann. Solche Fördermassnahmen ignorieren die weitverbreitete Tatsache, dass meistens nicht jene Firmen mit dem grössten Wachstumspotenzialen die Fördermittel bekommen, sondern jene mit den besten Beziehungen zur Politik. Es wird also die Korruption statt das Unternehmertum gefördert.
Die Studie kommt zum Schluss, dass die beste Institution zur Stärkung des Unternehmertums ein System wirtschaftlicher Freiheit darstellt, gekennzeichnet vor allem durch eine moderate Steuerbelastung und Regulierungsdichte. Es ist kein Zufall, dass in den wirtschaftlich liberaleren Ländern ein höherer Grad an unternehmerischer Tätigkeit beobachtet werden kann.
Die Schweiz im internationalen Vergleich
Die Schweiz kommt im aktuellen Rating auf die folgenden Werte
(auf einer Skala von 1 bis 10):
- Umfang der Staatstätigkeit: leichte Verbesserung von 7,4 auf 7,6
- Rechtsstaatlichkeit und Schutz des Privateigentums: leichte Verschlechterung von 8,5 auf 8,4
- Zugang zu stabilem Geld: stabil bei 9,9
- Freiheit zu weltweitem Handel: wie im Vorjahr bei 7,6
- Regulierungsdichte: stabil bei 8,5
Die Schweiz kann ihre Stellung hauptsächlich aufgrund der Schuldenbremse und ihrer offensiven Aussenhandelspolitik behaupten. Trotz des relativ guten Abschneidens im Verhältnis zu anderen Ländern darf jedoch kein falscher Eindruck entstehen: Der Staatsumfang ist auch in der Schweiz entschieden zu gross. Würde die Staatstätigkeit reduziert, könnten enorme Wachstumspotenziale freigesetzt werden. Entstaatlichungsmassnahmen unter anderem in der Altersvorsorge, im Gesundheitswesen und in der Landwirtschaft wären dringend nötig, um den Lebensstandard in der Schweiz zu halten oder zu verbessern.
Unter den 10 wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt finden sich neben Hong Kong (8,9 Punkte), Singapur (8,7), Neuseeland (8,5) und der Schweiz (8,4) auch die USA (8,2), Irland (8,1), Grossbritannien (8,1), Kanada (8,1), Australien (8,1) und Mauritius (8,1).
Unter den weiteren grossen Volkswirtschaften belegen Japan Rang 17, Deutschland Rang 20, Südkorea Rang 33, Italien Rang 46 und Frankreich Rang 50. Mexiko liegt auf Rang 76 und damit vor Indien (Rang 79), Russland (Rang 85), China (Rang 113) und Brasilien (Rang 120). Dies zeigt das erhebliche Aufholpotential, das die so genannten BRIC-Staaten noch haben.
Download Bericht:
Economic Freedom of the World (258 Seiten, PDF)