Die Gewaltenteilung ist hinfällig geworden. Legislative, Exekutive, Judikative sind zusammen mit den Leitmedien ineinander verwoben und bilden gemeinsam mit den politischen Parteien ein Machtkartell. Federführend in diesen Machtbereichen sind die Technokraten. Die Technokratie besteht aus Intellektuellen, die ihre Legitimation mit vermeintlicher Wissenschaftlichkeit begründen. Die Technokraten stellen eine neue Herrschaftsklasse dar. Als sogenannte Experten sind sie weder gewählt noch anderweitig berufen. Die Technokratie rekrutiert sich selbst aus ihren Anwärtern.
Der Aufstieg der Technokratie begann mit der Kriegswirtschaft. Einmal Fuss gefasst, hat sie ihren Herrschaftsanspruch immer mehr ausgeweitet. Dienten früher die Intellektuellen als Leibwächter des Staates und als Manipulatoren der öffentlichen Meinung, hat sich inzwischen ihre Rolle umgedreht. Die Technokratie hat sich den Staat dienstbar gemacht.
Technokratie setzt sich über Volksvertreter hinweg
Nicht einmal amerikanische Präsidenten sind vor der Macht der Technokratie sicher. Donald Trump musste das während seiner Amtszeit (2017-2021) erfahren. Wie die Twitter-Files enthüllen, konnten die Führungskräfte der amerikanischen Geheimdienste zusammen mit der Bundespolizei nicht nur dafür sorgen, dass kritische Stimmen von den sozialen Netzwerken entfernt wurden, sondern auch dass sogar das Konto des US-amerikanischen Präsidenten bei Twitter gelöscht wurde.
Der Präsident wurde von der Technokratie zurecht als Gefahr wahrgenommen. Er war zu ungebunden und versuchte unabhängig von ihrem Einfluss zu agieren. Gegen die Technokraten in seiner eigenen Regierung, im militärisch-industriellen Komplex, in den Geheimdiensten und der Bundespolizei und nicht zuletzt in den Medien kam der Präsident nicht an. Es wurde dafür gesorgt, dass statt Trump 2021 Joe Biden gewählt wurde, ein Politiker, der seit 1972, als er mit 30 Jahren Senator wurde, komplett in das System integriert ist.
In Deutschland ist es nicht viel anders. Hier unterhält die Technokratie des Staates eine enge Verbindung mit dem System der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten. Ihre Mitglieder repräsentieren eine neuartige Herrschaftsklasse. Politiker dienen als Sprachrohr und um den Schein zu vermitteln, sie würden das Volk repräsentieren.
Nicht nur im Spass hat der ehemalige Bundesminister Horst Seehofer in der ZDF-Sendung Pelzig am 20. Mai 2010 nur halb-ironisch erklärt: „Diejenigen, die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden!“
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel meinte 2008, dass man sich nicht darauf verlassen könne, „dass das, was vor den Wahlen gesagt wird, auch wirklich nach den Wahlen gilt“. In ihrer Rede zum 60-jährigen Bestehen der CDU am 19. Juni 2005 sagte sie, dass „es wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit“ gibt.
Wolfgang Schäuble, ehemaliger Bundestagspräsident und mehrfacher Minister, hat die nationale Souveränität abgeschrieben und auf dem European Banking Congress 2011 bekundet, man brauche „eine neue Form von governance“. Schäuble erklärte: „Nach meiner festen Überzeugung wird das 21. Jahrhundert ein sehr viel zukunftsweisender Ansatz als der Rückfall in die Regelungsmonopolstellung des klassischen Nationalstaates vergangener Jahrhunderte“.
Der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, sagte es deutlich genug: „Wir beschliessen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein grosses Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“ (Der Spiegel, 27. Dezember 1999) und fügte hinzu: „wenn es ernst wird, muss man lügen (Der Spiegel, 9. Mai 2011). Noch nicht ganz ein Jahr als Aussenministerin im Amt, erklärte Annalena Baerbock am 31. August 2022 in Prag, sie würde zu den Ukrainern so lange stehen, „wie sie uns brauchen …, egal was meine deutschen Wähler denken.“
Warum Technokratie versagen muss
Die Parteipolitik hat als Volksvertretung ausgedient. Aber je mehr die Technokratie für sich Macht und Reichtum anhäufen konnte, ist sie in allen ihren Herrschaftsbereichen mit ihren Plänen gescheitert. Ihr Versagen ist bei der Geldpolitik genauso sichtbar, wie in den vielen anderen Politikbereichen, sei es die Sozialpolitik oder die Aussenpolitik. Auch auf der internationalen Ebene ist das Versagen nicht zu leugnen. Angefangen von der Technokratie der Europäischen Union bis zu der in den Vereinten Nationen und deren Unterorganisationen.
Die Machtentfaltung der Technokratie begann mit dem ersten Weltkrieg. In diesem Konflikt schwangen sich die kriegsführenden Staatsregierungen zum Herrn über die Industrie auf. Die traditionelle Bürokratie war nicht geeignet, die Wirtschaft planerisch zu lenken. Dazu bedurfte es spezieller Experten, die über das erforderliche technisch-administrative Wissen verfügen.
Von der militärischen Lenkung der Volkswirtschaft ausgehend, verbreitete sich die Macht der Technokratie über alle staatlichen Bereiche hinweg. Bestand bei der Staatsbürokratie, zumindest dem Anspruch nach, die Idee dem Gemeinwohl zu dienen, so ist das bei der Technokratie nicht der Fall. Für die Technokraten gibt es nur isolierte Einzelprobleme, die zu lösen sind. In diesem Anspruch liegt aber ein Grundwiderspruch verborgen. Für gesellschaftliche Probleme gibt es keine Lösungen, vielmehr geht es hier um kluge Abwägung. Aus diesem Grund muss die Technokratie unvermeidlich versagen. Mit „objektiven“ Kriterien auf „wissenschaftlicher“ Grundlage kommt man nicht weit. Man rennt stets der Schimäre vermeintlicher Lösungen hinterher. Das angegangene Problem wird dabei nicht geringer, sondern weitet sich aus. Leidtragender dieses Prozesses ist vor allem der wirtschaftlich aktive Teil der Bevölkerung, der die Folgen dieser Expansion in Form von steigender Abgabenlasten, mehr Bürokratie und sinkender staatlicher Gegenleistungen tragen muss.
Auf dem Weg zur totalen Machtergreifung
Für eine lange Zeit konnte man die Expansion der Technokratie hinnehmen, solange die Privatwirtschaft noch leistungsfähig war. Aber mit der Hinwendung zum Problem der globalen Erwärmung hat ein entscheidender Schritt stattgefunden. Jetzt geht es zur „Lösung“ dieses Problems der Industrie an den Kragen. Die staatliche Technokratie ist dabei, den Markt weitgehend zu verdrängen und durchgehend durch Staatskontrolle zu ersetzen.
Ob es eine Klimakatastrophe gibt oder nicht, ist umstritten. Nicht zu leugnen ist aber, dass die Deindustrialisierung in die Katastrophe führt, Klimakrise hin oder her.
Die Technokratie befindet sich auf dem Weg zur totalitären Machtergreifung. Die Pandemie war ein erster Test dazu. Weiter geht es mit der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dann kommt das elektronische Zentralbankgeld und schliesslich das System des Sozialkredits in Verbund mit dem Bürgergeld. Bis 2030 soll alles unter Dach und Fach gebracht werden. Die Technokratie hat die Macht ergriffen und ist dabei, diese Macht totalitär auszuüben.
Aber der Widerstand wächst, denn diese Entwicklung wird mit immer weniger Freiheit für die Menschen einhergehen. Die Eigentumsrechte werden aufgelöst, die Meinungsfreiheit eingeschränkt. Es werden Almosen verteilt, aber die Lasten für den arbeitenden Bevölkerungsteil steigen. Immer mehr Menschen durchschauen, was gespielt wird. Spätestens wenn die wirtschaftliche Existenz gefährdet ist und Hunger droht, kommt es zur Rebellion. Was aber kommt danach?
Die grosse Gefahr besteht darin, dass Volksaufstände von der Staatsgewalt zum Anlass genommen werden, noch härter durchzugreifen, noch mehr die freie Meinungsäusserung zu unterdrücken. Die Massen können leicht verführt werden. Sie wissen meist nicht, was sie wollen. Ihre Rebellion ist oft blind. Die Chance steht gegen die Freiheit und eher zugunsten von mehr Repression.
Die Menschen brauchen ein Gegenmodell zur herrschenden Ideologie. Die Mehrheit glaubt immer noch, die Lösung sei der Staat, wenn es nur eine „bessere“ Politik gäbe. Darauf aber kann man lange warten, denn nicht mehr Staat und Politik ist die Lösung, sondern weniger Staat und Politik.
Dazu muss man aber durchschauen, wie Staat und Politik heute funktionieren. Es ist nicht so, wie es in den Lehrbüchern steht oder in den Medien verbreitet wird. Vieles wird verschwiegen, das meiste verdreht. Aufklärung tut not.
Dr. Antony P. Mueller war bis Februar 2023 Professor an der brasilianischen Bundesuniversität UFS und lehrt weiterhin an der Mises Academy in São Paulo.
Bei obigem Text handelt es sich um einen Auszug aus: Technokratischer Totalitarismus. Anmerkungen zur Herrschaft der Feinde von Freiheit, Frieden und Wohlstand (Amazon KDP 2023).