Die Ausgangsbasis für das derzeitige Sozialismus-Revival ist die Annahme, Sozialismus sei noch nie richtig ausprobiert worden. Zeitgenössische Sozialisten glauben, ihre Version von Sozialismus unterscheide sich so fundamental von allem, was in der Vergangenheit unter diesen Namen ausprobiert wurde, dass jeglicher Vergleich bedeutungslos sei. So vehement Sozialisten Vergleiche mit dem real existierenden Sozialismus auch zurückweisen, so schwer tun sie sich doch damit, zu erklären, was sie denn genau anders machen würden.
Wenn moderne, demokratische Sozialisten sich von den Untaten früherer sozialistischer Regime distanzieren, dann geht das an der Sache vorbei. Dass moderne Sozialisten diese nicht gutheissen, und schon gar nicht wiederholen möchten, ist Sozialismus-Kritikern durchaus klar. Der Punkt ist aber, dass es systematische Gründe dafür gab, dass der Sozialismus stets totalitäre Züge annahm. Und diese Gründe sind von den Absichten seiner Befürworter leider völlig unabhängig.
Dem Sozialismus fehlt eine Methode, Wissen zu erzeugen und zu verbreiten, und er kann sie auch nicht reproduzieren. Der Kapitalismus ist dem Sozialismus nicht deswegen überlegen, weil die Menschen nicht altruistisch genug sind, sondern weil sie nicht genug wissen, um eine Volkswirtschaft steuern und planen zu können. Heute gibt es immer noch kein Beispiel eines sozialistischen Experiments, das nicht früher oder später autokratische Züge angenommen hätte. Sozialismus muss nicht zwangsläufig in Stalinismus entarten, aber er kann nie etwas anderes sein als ein technokratisches, hierarchisches System von Befehl, Kommando und Kontrolle.
Download LI-Paper
(15 Seiten, PDF)
Buch «Sozialismus: Die gescheiterte Idee, die niemals stirbt» von Kristian Niemietz bestellen
(2021, FBV)