Die Österreichische Schule der Nationalökonomie als eine der dynamischsten und innovativsten Denkrichtungen in der Tradition von Carl Menger, Ludwig von Mises und Friedrich A. von Hayek vermittelt Theorien, die eine Richtschnur für die Praxis bieten. Im aktuellen Umfeld geldpolitischer Überheblichkeit, geopolitischer Spannungen und finanzieller Repression wird der Ansatz der «Austrians» im Bereich der finanziellen Vorsorge zunehmend relevant. Dies war der Fokus des Austrian Investing-Seminars am 23. April, das gemeinsam vom Liberalen Institut und vom Hayek Club Zürich veranstaltet wurde.
In einem einleitenden Referat bot Richard Zundritsch, Vorstandsmitglied des Austrian Economics Center in Wien, nicht nur einen Überblick über die Entwicklung der Austrian School of Economics; er zeigte gleichzeitig auf, wie grundlegende Ideen der Austrians bei der Analyse einer Anlageentscheidung berücksichtigt werden können und sollten. Aus Carl Mengers Grenzwerttheorie lässt sich beispielweise ableiten, dass der Preis eines Vermögenswerts bereits von wenigen Investoren bestimmt werden kann. Hayeks Konzept vom Wissen bzw. vom Wert des Wissens in einer Gesellschaft führt zu Wettbewerbsvorteilen für die schnellsten Marktteilnehmer. Mit ihrem Verständnis des menschlichen Handelns und der Rolle des Sparens und des Unternehmertums in der Schaffung von Mehrwert sind die Austrians auch besser gerüstet, Konjunkturzyklen als Folge von Geldpolitik und Zinsmanipulation zu analysieren.
Austrians sind auch Kritiker von Verzerrungen durch Besteuerung und Regulierung. Wer beispielsweise als Anbieter unkonventioneller Investmentansätze auftreten will, der steht vor erheblichen regulatorischen Schwierigkeiten. Miranda Ademaj, CEO der Skënderbeg Alternative Investment AG in Zürich, zeigte anschaulich auf, welche Tücken in der Lancierung eines Hedge-Fonds als liberales innovatives Modell lauern. Die One-size-fits-all-Philosophie der Regulatoren sei letztlich ein Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Die Idee, dass der Staat die Bürger besser schützt als der freie Markt, entspreche einer Anmassung von Wissen, die sich als sehr kostspielig für alle Marktteilnehmer erweist.
Anschliessend ging Steffen Krug, Inhaber des Instituts für Austrian Asset Management in Hamburg, auf die Wurzeln des Austrian Investment-Stils und dessen Nähe zum Value Investing (Benjamin Graham) ein. Seitdem der Internationale Währungsfonds im Jahr 1971 die Aufhebung der Goldanbindung des US-Dollars aufgelöst hat, stieg die Geldmenge jährlich zwischen 9 und 12 Prozent. Gleichzeitig erreichte das durchschnittliche weltweite Wirtschaftswachstum gerade einmal 3 Prozent. Diese Papiergeldschwemme werde früher oder später in einem Kollaps enden; freilich werde der Eintritt dieses Kollapses durch verschiedene Massnahmen verzögert. Negative Zinsen, direkte Markteingriffe und Bargeldverbote (zurzeit z.B. die Abschaffung der 500-Euro-Note, wie dies die Europäische Zentralbank kürzlich entschieden hat) sind bereits bekannt; Zwangskreditgewährung an den Staat und Zwangshypotheken auf Immobilien sowie Konsumpreiskontrollen dürften nur eine Frage der Zeit sein. Vor diesem Hintergrund seien Investments in Substanzwerte, d.h. in Produzenten von Gütern, die jederzeit benötigt werden, vorteilhaft.
Mark Valek, Partner der Incrementum AG in Vaduz und Co-Autor von Österreichische Schule für Anleger: Austrian Investing zwischen Inflation und Deflation, zeigte die mit dem Austrian-Stil verbundenen Opportunitäten und Gefahren auf. Anleger stehen derzeit von einem Dilemma: Negative Realzinsen drängen Anleger in hohe Risiken, und Zurückhaltung wird in Zeiten der Vermögenspreisinflation bestraft. Gleichzeitig werden Risiken wie Inflation und Deflation generell unterschätzt, bis sie unübersehbar werden. Typischerweise kann eine (Preis-)Inflationsdynamik, wie sie von den Zentralbankern derzeit mit allen Mitteln versucht wird, nicht kontrolliert werden. Eine gute Investment-Strategie baut daher auf der demütigen Ansicht auf, dass die Zukunft nicht vorhersehbar ist.
Prof. Thorsten Polleit, Partner bei Polleit & Riechert Investment Management LLP in London, zeigte anhand von zehn Regeln auf, wie sich Investoren von Spekulanten unterscheiden, und wie er selbst diese Regeln bei der Auswahl von möglichen Investments umsetzt. Die Notwendigkeit einer positiven Realrendite, gerade weil die Volkswirtschaften wachsen, das Setzen auf den Zins- und Zinseszinseffekt, das Investieren in Produktivkapital und in Unternehmen mit Markteintrittsbarrieren sowie eine relativ gefangene Kundschaft, proprietäre Produktionskapazitäten und Skalenvorteile seien einige der erfolgversprechenden Ansätze. Dabei soll die Makroökonomie nicht überschätzt und schon gar nicht falsch eingeschätzt werden.
Prinzessin Therese von und zu Liechtenstein, Industrie- und Finanzkontor in Vaduz, machte auf die geopolitischen Stabilitätsfaktoren für Vermögen aufmerksam. Globale Entwicklungstrends (Migrationskrise, Konflikte im Nahen und Mittleren Osten) haben einen erheblichen Einfluss auf Investments. Gleichzeitig führe der Niedergang der westlichen Rechtsstaaten zu Einschränkungen bzw. zum Verlust grundlegender Eigentumsrechte. Populistisch agierende Regierungen im Sinne von Umverteilung und Vetternwirtschaft bergen hohe Risiken. Im Gegenzug bieten jene Länder viele Chancen, die politisch stabil sind und über gute internationale Beziehungen und Vernetzung verfügen, Rechtssicherheit und freie Marktwirtschaft anbieten und einen unbürokratischen Staat aufweisen.
Die Referentenrunde wurde von Christopher Detweiler, Mitbegründer und Partner der Veraison AG sowie assoziierter Forscher am Liberalen Institut in Zürich, geschlossen. Detweiler stellte dar, wie aktive Ownership zu einem erfolgreichen Investment beitragen kann. Dabei seien die Erkenntnisse von Mises und Hayek sowie Benjamin Graham von grossem Nutzen. Dies gelte für die Grenzen des menschlichen Wissens, was etwa Sicherheitsmargen nötig mache. Der Unterschied zwischen dem Preis und dem intrinsischen Wert gehe sowohl aus der Ökonomie wie auch aus der Investmentphilosophie hervor — der Marktzins hänge etwa nicht von der Laune der Zentralbanker ab. Die entscheidende Rolle der Individuen für die Preisentwicklung wird anerkannt: Nur sie denken und handeln wirklich. Voraussetzung ist, dass man versteht, was man tut. Gelegentlich kann man allein aufgrund seiner Informationen und Überlegungen recht haben.