Am LI-Gespräch vom 14. Oktober stellt Prof. Philipp Bagus, Professor für Ökonomie an der Universidad Rey Juan Carlos in Madrid, sein neues Buch «Die Ära Milei» am Liberalen Institut in Zürich vor, das heute erschienen ist. Hier beantwortete er im Kurzinterview mit dem Liberalen Institut vorab einige Fragen:
Liberales Institut: Javier Milei ist der erste bekennende anarchokapitalistische Präsident der Welt. Er wird gerade von jungen Argentiniern wie ein Rockstar verehrt. Wie kommt das?
Philipp Bagus: Milei hat es in jahrelanger Aufklärungsarbeit – er würde es Kulturkampf nennen – geschafft, dass es angesagt ist, liberal zu sein. War es in den 80er oder 90er Jahren «in», Ché Guevara Konterfeis zu tragen, ist es jetzt «cool», Milei-Hemden zu tragen. Der Mainstream ist links-woke, und treibt absurde Blüten. Wie Murray Rothbard es ausdrückte, ist die linke Gleichmacherei eine Revolte gegen die Natur. Denn von Natur aus sind wir verschieden. Die Absurdität des Wokeismus und die politische Korrektheit kommt bei vielen Jugendlichen nicht gut an. Die Jugend ist rebellisch, weshalb der rebellische Libertarismus heute gut ankommt.
Wie hat Milei es geschafft, das Meinungsklima derart herumzureissen?
In der Corona-Zeit war Milei derjenige, der den Jugendlichen, die am meisten unter den politischen Massnahmen gelitten haben, eine Stimme gegeben hat. Argentinien hatte einen der längsten und härtesten Lockdowns der Welt. Und wenn man eingesperrt ist, spätestens dann lernt man die Freiheit zu schätzen. Man hat auch Zeit zu Lesen oder für Videos. Und die Videos von Milei, in denen er die Freiheit lautstark und polemisch verteidigt, sind viral gegangen. Er hat politisch unkorrekt gegen die Politkaste gewettert, ohne Rücksicht auf Verluste. Und das hat besonders den Jugendlichen gefallen. Seine rebellische Art, seine Kompromisslosigkeit und das Hinterfragen des Status Quo waren entscheidend.
Gibt Milei den jungen Argentiniern neue Hoffnung?
Absolut. Viele stehen vor der Wahl auszuwandern oder nicht. Um nicht auswandern zu müssen, musste sich etwas fundamental ändern. Und derjenige, der versprach, eine radikale Änderung, eine libertäre Revolution zu bringen, war Javier Milei. Milei ist ehrlich, authentisch und charismatisch. Er hat mit seiner Frisur und seinem aufbrausendem Wesen auch das Auftreten eines Rockstars. Viele junge Argentinier folgen ihm seit Jahren. In seinen Reden und Interviews bildet Milei seine Zuhörer und empfiehlt ihnen Autoren und Texte. So verstehen immer mehr junge Argentinier die Ideen der Österreichischen Schule und des Libertarismus. Sie kämpfen für diese Ideen an der Seite Mileis, den sie verständlicherweise verehren.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine, die Milei bisher im Amt erreicht hat?
Ich würde mir hier zwei Meilensteine heraussuchen. Man muss wissen, dass Milei keine Mehrheit im Kongress hat, sodass er nur über wenige Stellschrauben verfügt, überhaupt etwas zu ändern. Sein wichtigster Erfolg ist in meinen Augen das Abwenden einer Hyperinflation. Im Dezember 2023 als Milei sein Amt antrat, lag die Inflation bei über 200%. In der Zentralbank schlummerten Risiken. So gab es dort Passiva, also Schulden, die die Zentralbank ausgegeben hatte, um Pesos aufzusaugen. Dies tat sie, um die Inflation zu bremsen. Nur wurden diese Schulden mit 135% verzinst, sodass die Basisgeldmenge nur schon deshalb wuchs, um die Schulden zurückzuzahlen. Eine Zeitbombe. Doch Milei hat es geschafft, die Inflation in den Griff zu bekommen. Im Mai 2024 lag sie wohl bei unter 5% monatlich.
Wie hat Milei das geschafft?
Er hat die Staatsausgaben real um 35% gesenkt und Budgetüberschüsse erzielt. Das ist enorm und hat historisch keinen Vergleich. Die Budgetüberschüsse haben die Inflationserwartungen gesenkt, denn in der Vergangenheit wurden die Defizite immer übers Gelddrucken beglichen.
Was ist aus Ihrer Sicht der zweite Meilenstein?
Der zweite Meilenstein ist, dass Milei es geschafft hat, den Kulturkampf – den Kampf um die besseren Ideen – in die Welt zu tragen, die libertären Ideen global bekannt zu machen. Dies hat er durch seine Reden in Davos, beim CPAC, beim Milken Institute, in Stanford, in Madrid usw. erreicht. Die Freiheit ist in aller Munde. Anarchokapitalismus ist plötzlich ein in den Mainstreammedien vorkommender Begriff. Er hat den Debattenkorridor also immens in Richtung Freiheit erweitert, und zwar nicht nur in Argentinien, sondern seit seiner Amtsübernahme in der ganzen Welt.
Die Fragen stellte Olivier Kessler. Am LI-Gespräch vom 14. Oktober stellt Prof. Philipp Bagus sein neues Buch «Die Ära Milei» am Liberalen Institut in Zürich vor. Die Veranstaltung ist bereits ausverkauft.