Stellen Sie sich vor, es käme in den nächsten Monaten zu einem noch nie dagewesenen Cyber-Angriff. Sie sitzen vielleicht gerade an Ihrem Arbeitsplatz, als Ihr Computer plötzlich jegliche Arbeiten verweigert. Dass wir all unsere abgespeicherten Daten verlieren oder nicht mehr auf unsere elektronische Agenda zugreifen können, gehört noch zu den kleinsten Problemen. Draussen hören wir ein wildes Sirenengeheul.
Während wir uns besorgt auf den Heimweg machen, erblicken wir an verschiedenen Orten am Horizont aufsteigenden Rauch: Was ist denn hier bloss los? Plötzlich kracht es auch in unserer unmittelbaren Nähe. Die Cyberkriminellen haben die digitale Steuerung des Schienenverkehrs gehackt und die Weichen absichtlich verstellt: Diverse Züge prallen zusammen. Auch wurden alle Lichtsignale im Strassenverkehr gleichzeitig auf grün geschaltet, sodass es zu schrecklichen Massenkarambolagen kommt.
Jene Verletzten, die das vermeintliche Glück im Unglück haben, in ein Spital eingeliefert zu werden, merken konsterniert, dass ihnen da auch nicht die erhoffte Hilfe zukommt, weil die benötigten Geräte Störungen aufweisen. Die in der Covid-Krise ohnehin schon reduzierten Notfallbetten machen die Sache auch nicht einfacher. Für viele kommt jede Hilfe zu spät.
Tage des Schreckens
Als wir es durch das Chaos hindurch dennoch irgendwie nach Hause geschafft haben, fällt der Strom aus. Noch im Jahr 2021 stellte die NZZ fest, dass das Schweizer Stromnetz «völlig ungenügend gegen Cyberangriffe geschützt» war. Der Bund gelobte zwar Besserung und die Staatsgläubigen hatten es ihm sogar abgekauft. Doch leider hat er wie schon bei den Pandemievorbereitungen auch hier seine Hausaufgaben nicht gemacht, wie die im Dunkeln sitzenden Menschen nun frustriert feststellen müssen.
Ohne Strom fällt die Heizung aus, das Internet ebenso. Natürlich funktioniert unter diesen Bedingungen auch der Kühlschrank nicht mehr. Der letzte Wocheneinkauf ist leider schon ein Weilchen her, weshalb wir bald auf Lebensmittelnachschub angewiesen sind. Angekommen im Supermarkt realisieren wir, dass er schon weitflächig von Plünderern leergeräumt wurde. Dazu beigetragen hatte die Tatsache, dass Kartenzahlungen nicht mehr funktionieren und am Bancomat kein Bargeld mehr bezogen werden kann, zumal die Cyberaggressoren auch das Bankensystem und den internationalen Zahlungsverkehr lahmgelegt haben. Doch hungrige Menschen sind nun einmal zum Äussersten bereit.
Wir eilen also wieder nach Hause, um uns in Sicherheit zu bringen. Wir entscheiden uns, die Krise auszusitzen, obwohl wir kaum Nahrungsreserven haben: Doch ein Mensch kann bekanntlich auch viele Tage ohne Essen überleben, wenn er genügend Wasser trinkt. Doch vor dem Waschbecken dann der nächste Schock: Das Wasser fliesst nicht mehr. Auch die Wasserversorgung wurde von Cyberkriminellen angegriffen, wie das auch in der Vergangenheit immer mal wieder der Fall war.
Zu allem Ungemach sehen Sie nun auch noch Gestalten durch Ihren Garten schleichen, die offensichtlich nichts Gutes im Schilde führen. Sie greifen zu Ihrem Telefon, um die Polizei anzurufen. Doch leider wurden auch die Telekommunikationsanbieter Opfer der umfassenden Cyber-Attacke, sodass wir beim besten Willen niemanden mehr anrufen können, der uns zu Hilfe eilt. Wir sind auf uns allein gestellt.
Eine Höllenangst macht sich breit. Viele, die in der heutigen Null-Risiko-Gesellschaft aufgewachsen sind und die Resilienz der vorherigen Generationen verloren haben, werden durch die Ereignisse stark traumatisiert. Nie im Leben hätten Sie sich so etwas vorstellen können. Das Verlangen nach einer starken Führung, die mit eiserne Faust durchgreift und die Ordnung wiederherstellt, steigt von Stunde zu Stunde.
«Retter in der Not»
Nach ein paar Tagen ist der Spuk wieder vorbei. Doch der Schaden ist angerichtet. Das WEF rechnet vor: Ein einziger Tag ohne Internet würde die Weltwirtschaft mehr als 50 Milliarden US-Dollar kosten, ganz zu Schweigen von den unbezifferbaren Schäden an Leib und Leben. Eine katastrophale Cyber-Attacke bis Ende 2024 sei sehr wahrscheinlich, so das WEF.
Was glauben Sie, wird als Reaktion auf eine solche Krise passieren? Man braucht keine Kristallkugel um zu erahnen, dass sich die Mächtigen auch diese Krise nicht entgehen lassen werden. Der Staatsapparat dürfte die Chance noch so gerne nutzen, um das freie Internet zu beerdigen, das ihm schon länger ein Dorn im Auge war. Zugang zum Internet wirds künftig nur noch mit einer «Digital ID» geben, wobei der Staat entscheidet, wer für welche Zwecke ins Internet darf und wer nicht.
Bedenken, wonach dies der Einführung einer digitalen Tyrannei gleichkomme, wird einerseits mit euphemistischem Neusprech zerstreut. Andererseits wird die Staatsmacht auch in dieser Krise wie bei Corona in enger Kooperation mit den meisten Massenmedien dafür sorgen, dass alle, die aus dem erlaubten Narrativ ausscheren, zensiert und öffentlich gedemütigt werden.
Vermutlich wird auch behauptet (ob zurecht oder zu unrecht sei einmal dahingestellt), dass sich die Cyberkriminellen mit Kryptowährungen haben bezahlen lassen, weshalb es Privatwährungen an den Kragen gehen wird. Anstelle des dezentralen Digitalgelds werden zentralisierte CBDCs (digitales Zentralbankengeld) für alle Bürger zwangsweise eingeführt, womit Staatsfunktionäre anschliessend genau nachverfolgen können, wer wo was mit seinem Geld macht.
Es ist durchausvorstellbar, dass behauptet wird, die Cyberkriminellen hätten mit Unterstützung aus dem Iran, Russland oder China agiert, was möglich ist, aber auch einfach aus Opportunitätsgründen behauptet werden könnte, um neue «Vergeltungskriege» gegen die üblichen geopolitischen Widersacher lancieren zu können. Eine Cyberattacke könnte also zu einer Art 9/11-Déjà-vu führen, wo westliche Akteure im Anschluss hastig im Irak einmarschierten, ohne entsprechende Beweise für angeblich vorhandene Massenvernichtungswaffen vorzulegen.
Nach 9/11 kam es zu einem starken Ausbau des Überwachungsstaates unter dem Banner der Terrorismusbekämpfung: Biometrische Pässe, mehr Befugnisse für die Geheimdienste, Zertrümmerung des Datenschutzes, Kameras mit Gesichtserkennungssoftware usw. Ein analoges Vorpreschen des Überwachungsstaates ist nach einem Cyber-9/11 zu erwarten. Dabei würden alle Länder, die sich nicht am internationalen Datenaustauschprogramm und an der massiven Beschnüffelung der Bürger beteiligen, mit schwarzen Listen bedroht werden: Wer nicht mitmacht, wird aus der internationalen Gemeinschaft verstossen und wirtschaftlich isoliert.
Krisen sind Chancen für die Machthaber, ihre Macht auszubauen. Vor lauter Angst sind viele bereit, ihre Freiheiten aufzugeben. Doch wir tun gut daran, uns gerade in solchen Momenten an die weisen Worte von Benjamin Franklin zu erinnern: «Wer seine Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu erlangen, wird am Ende beides verlieren.» Es kann hilfreich sein, aufs Beste zu hoffen, aber mental aufs Schlimmste vorbereitet zu sein, damit wir im Eintrittsfall nicht schon wieder bereit sind, unsere Grundrechte zu opfern. Tun wir den Machthungrigen diesen Gefallen bitte nicht schon wieder. Es würde alles nur noch schlimmer machen. Denn «Macht korrumpiert, und absolute Macht korrumpiert absolut» (Lord Acton).
Vorbereitung ist das A und O
Vielen von uns ist zwar bewusst, dass unsere alltägliche Infrastruktur mittlerweile stark von digitalen Komponenten abhängig ist. Doch nur eine Minderheit macht sich Gedanken, wie sie sich gegen mögliche Cyber-Attacken und den Ausfall dieser Infrastruktur vorsehen könnte. Eine gute Vorbereitung ist allerdings die halbe Miete.
Ein ausgebauter Notvorrat (Trinkwasser und Lebensmittel), Notstromgeneratoren, eine Bargeldreserve, alternative Zahlungsmittel wie Gold- und Silbermünzen, Benzinvorräte, Kurbellampen, alternative Heizmöglichkeiten (wie Holz fürs Cheminée), Medikamente, Hygieneartikel, aber auch entsprechende Fähigkeiten und Know-how können beim Überbrücken von Notlagen behilflich sein.
Die individuelle Vorsorge gilt es zu fördern. Dies nicht etwa mit neuen Subventionen und anderen Staatsausgaben, sondern durch steuerabzugsfähige Beiträge beispielsweise für individuelle Sicherheitsmassnahmen gegen Cyber-Attacken, den Aufbau eines Notvorrats, Notstromaggregate, alternative Zahlungsmittel und andere geeignete Formen der Vorsorge.
In einer Krisenlage ist es vermutlich das Beste, Ruhe zu bewahren, Eigenverantwortung wahrzunehmen und seinen Mitmenschen wo möglich zu helfen. Glücklicherweise hat sich in der Menschheitsgeschichte immer wieder gezeigt, dass echte Solidarität gerade in Krisen zu Tragen kommt, wie Rutger Bregman in seinem Buch Im Grunde gut beschrieben hat.
Und führe uns nicht in Versuchung…
Definitiv nicht hilfreich ist es, den Staat wieder mit Notrecht um sich werfen zu lassen, das den Spielraum für die Einzelnen signifikant einschränkt. Diesen Spielraum werden wir gerade in einer Krisensituation dringend benötigen. Private Akteure vermögen tendenziell besser, rascher und dynamischer auf neue Situationen zu reagieren als die Gesetzgeber. Gerade in Krisen eröffnen oftmals kreative unternehmerische Innovationen unerwartete Auswege und Lösungen. Innovationen entstehen jedoch nur dort, wo Raum für das Tüfteln, Experimentieren und Ausprobieren besteht. Wenn dieser Raum durch exzessive staatliche Anordnungen verkleinert wird und Politiker allen befehlen, wie sie sich zu verhalten haben, erschwert dies auch die Bewältigung einer Cyber-Krise.
Der Spielraum für die Politik, mit Notrecht zu regieren und damit elementare Grundrechte ausser Kraft zu setzen, muss daher grundsätzlich eingeschränkt werden – am besten noch vor Auftreten einer solchen Krise mit einer entsprechenden Verfassungsbestimmung. Freiheitsrechte wurden nicht nur für Schönwetterzeiten geschaffen, sondern gerade auch für Phasen, in denen die Politik eine besonders grosse Lust am Regieren verspürt.
Es gilt zu verhindern, dass der ohnehin schon übermächtige Leviathan die Krise dafür ausnützt, seine Überwachungs- und Kontrolltentakel noch enger um unseren Hals zu legen. Denn hat er uns erst einmal in seinem Würgegriff, wird der Einsatz für die Freiheit zunehmend zu einer Illusion, wie wir am Beispiel von Chinas Sozialkreditsystem eindrücklich erkennen können. Dort gibt es für die unterworfenen Bevölkerung kaum noch ein Entkommen.
«Wehret den Anfängen!», wäre man fast versucht zu sagen. Doch angesichts des augenscheinlich fortgeschrittenen Stadiums des staatlichen Unterdrückungswahns wäre das eine lächerliche Untertreibung. So oder so: Bleiben Sie wachsam und sorgen Sie sich vor. Je mehr Leute auf eine solche Situation vorbereitet sind, desto glimpflicher wird die Krise ablaufen und desto schwieriger wird die noch weitergehende Machtergreifung für die ausser Rand und Band geratene Herrscherklasse.
Dieser Beitrag wird auch in der Hayek-Feder des Hayek Club Zürich erscheinen.