Index wirtschaftlicher Freiheit: Fortschritte und Herausforderungen im arabischen Raum

Die Schweiz kann 2014 ihre Position als wirtschaftlich freiestes Land Europas halten, weltweit erzielt sie Rang 4. Die asiatischen Handelszentren Hong Kong und Singapur belegen weiterhin die Spitzenplätze. Manche arabische Staaten schliessen zunehmend zur Spitze auf.

Die Schweiz bleibt auch 2014 das Land mit der europaweit grössten wirtschaftlichen Freiheit. Weltweit kommt sie auf Rang 4. In den vergangenen 10 Jahren haben jedoch die Werte der Schweiz deutlich nachgegeben, auch im Vergleich zum Vorjahr verliert sie an Boden. Dies ist vor allem auf die abnehmende Rechtssicherheit zurückzuführen. Das zeigt der Jahresbericht 2014 des Index für wirtschaftliche Freiheit, der in der Schweiz vom Liberalen Institut herausgegeben wird.

Wie schon in den Vorjahren belegen Hong Kong und Singapur die Spitzenränge des internationalen Ratings. Unter den 10 freiesten Volkswirtschaften finden sich mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien auch Vertreter des arabischen Raums. Westliche Industrienationen wie die USA, Frankreich und Deutschland verlieren dagegen an Boden. Im weltweiten Durchschnitt nahm der Index wirtschaftlicher Freiheit leicht ab (von 6,87 auf 6,84).

Erstmals befasst sich der Jahresbericht des Index vertieft mit der wirtschaftlichen Freiheit im arabischen Raum. In den vergangenen 20 Jahren konnten vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Katar, Oman, Bahrain und Kuweit staatliche Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit abbauen. Politische und Bürgerrechte bleiben jedoch in der gesamten Region weiterhin stark beschränkt.

Aktuelle Studien zeigen, dass zahlreiche arabische Staaten einen im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Anteil öffentlicher Beschäftigung aufweisen. Indikatoren weisen darauf hin, dass hohe Löhne im öffentlichen Sektor die Bereitschaft zur Aufnahme einer Tätigkeit im Privatsektor reduzieren. Schwach ausgeprägt zeigen sich daher auch die industrielle Produktion sowie Innovationsindikatoren. Verzerrungen des Arbeitsmarktes in Verbindung mit einer hohen Korruptionsanfälligkeit zeichnen vor allem jene Staaten aus, die Gegenstand des „arabischen Frühlings“ waren: Ägypten, Tunesien und Libyen, aber auch Syrien. Um nur schon die aktuell hohen Arbeitslosenraten halten zu können, müssten in diesen Ländern bis 2030 100 Million neuer Arbeitsplätze geschaffen werden. Angesichts der Abwesenheit ökonomischer Reformen wächst das Potenzial für politische Unruhen weiter.

„Der arabische Frühling zeigt: Ein Mangel an wirtschaftlicher Freiheit führt auch zu politischer Instabilität“, kommentiert Prof. Christian Hoffmann, Forschungsleiter am Liberalen Institut. „Politische Reformen genügen nicht für echten Fortschritt, notwendig sind vor allem bessere ökonomische Rahmenbedingungen.“

Zusammenhang von wirtschaftlicher Freiheit und Wohlstand

Der aktuelle Jahresbericht des Index wirtschaftlicher Freiheit dokumentiert einen signifikant positiven Zusammenhang zwischen Wirtschaftsfreiheit, Einkommen, Wirtschaftswachstum, Armutsreduktion und Lebenserwartung. Staaten im obersten Viertel der Skala weisen ein kaufkraftbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen von 39.899 USD auf, Staaten im untersten Viertel nur von 6.253 USD. Das Einkommen der ärmsten 10% der Bevölkerung beträgt im oberen Viertel der Skala 11.610 USD, im unteren Viertel 1.358 USD. Das Einkommen der ärmsten 10% in den liberalen Ökonomien ist mehr als doppelt so hoch wie das Durchschnittseinkommen in den wirtschaftlich unfreien Volkswirtschaften.

Die Lebenserwartung im wirtschaftlich freiesten Viertel der Welt (79,9 Jahre) ist mehr als 16 Jahre höher, als die Lebenserwartung im unfreiesten Viertel. Wirtschaftliche Freiheit korreliert darüber hinaus positiv mit politischen Freiheitsrechten und negativ mit der Auftretenswahrscheinlichkeit bewaffneter Konflikte.

Ranking der Schweiz und internationaler Vergleich

Die Schweiz erhielt im diesjährigen Bericht die folgenden Wertungen (jeweils auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 den höchsten Wert wirtschaftlicher Freiheit darstellt):

  • Umfang der Staatstätigkeit: stabil bei 6,92;
  • Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit privaten Eigentums: Abnahme auf 8,57 von 8,78;
  • Stabilität der Währung: Verbesserung auf 9,40 nach 9,33 im Vorjahr;
  • Internationale Handelsfreiheit: weiterer Rückgang auf 7,12 (Vorjahr: 7,16);
  • Regulierungsdichte: stabil bei 8,04.

Unter den 10 wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt finden sich neben Hong Kong (8,98 von 10 möglichen Punkten), Singapur (8,54), Neuseeland (8,25) und der Schweiz (8,19) auch Mauritius (8,09), die Vereinigten Arabischen Emirate (8,05), Kanada (8,00), Australien (7,87), Jordanien (7,86), Chile und das erste EU-Land Finnland (beide 7,84).

Unter den weiteren grossen Volkswirtschaften belegten Grossbritannien gemeinsam mit den USA Rang 12 (7,81), Japan Rang 23 (7,60), Deutschland Rang 28 (7,55), Frankreich Rang 58 (7,21), Italien Rang 79 (6,92), Russland Rang 98 (6,65), Brasilien Rang 103 (6,61), Indien Rang 110 (6,49) und China Rang 115 (6,39).

17. Oktober 2014