Konfiskatorische Steuern?

Vor einer Woche habe ich mir aus Anlass des StreitgesprächsHans Eichel gegen Christoph Blocher Gedanken zum Schweizer Bankkundengeheimnis gemacht. Es sei nur natürlich, dass (Welt-)Bürger versuchten, ihre Ersparnisse vor Abwertung, Zwangsumwandlung in Staatsobligationen usw. in Sicherheit zu bringen, lautetemein Fazit zur «Aussenfunktion» dieses Rechts zum Schutze der Privatsphäre.

Nun haben am letzten Dienstagabend zwei Kollegen erneut einen Steueranlass besucht. Die vom Liberalen Institut und von dem in Luxemburg domizilierten Institut de Recherches Economiques et Fiscales (die Schweiz kämpft in Europa in dieser Sache nicht allein) organisierte Veranstaltung zum Steuerwettbewerb war nicht kontradiktorisch aufgezogen, sondern wurde von drei Referenten bestritten. Trotz des langen Arbeitstages verspürten meine Kollegen keine Langeweile. Prof. Lars Feld von der Uni Heidelberg analysierte die Zankapfel Holdingprivileg und Pauschalbesteuerung, und Prof. Hans Geiger schälte anhand der Geschichte der Geldwäscherei heraus, dass es international weder umMoral noch Effizienz geht (der Drogenhandel blüht wie eh und je), sondern umMacht und Geld.

Der Dritte im Bunde, Wegelin-Teilhaber Konrad Hummler, bestätigte meine These zum Bankgeheimnis voll und ganz. In vielen Ländern sei aufgrund der hohen ausgewiesenen und vor allem versteckten Staatsverschuldung — der Trend wird durch die Rettungs- und Konjunkturpakete verschärft — eine «Konfiskation» der privaten Vermögen «absehbar». Vielen Bürgern, die ihr Geld in die Schweiz trügen, gehe es gar nicht so sehr darum, dem aktuellen Steuerregime zu entrinnen. Vielmehr wollten sie ihr Vermögen vor der künftigen hohen, enteignungsähnlichen Steuer schützen.

Ich hoffe sehr, dass sich die Schweizer Behörden trauen, den EU-Ländern in den Steuerverhandlungen diesen Spiegel vorzuhalten. Die Zeit der schönen diplomatischen Floskeln ist vorbei, spätestens seit uns ein Finanzminister aus der EU unverblümt mit der «Peitsche» droht. Übrigens: Ich vermisse immer noch das dazugehörende «Zuckerbrot».

Finanz und Wirtschaft

29. November 2008