Rezession bedroht wirtschaftliche Freiheit

Der Jahresbericht 2009 des Index für wirtschaftliche Freiheit zeigt: die Schweiz ist international wettbewerbsfähig. Die politischen Reaktionen auf die Finanzkrise bedrohen jedoch die Wirtschaftsfreiheit durch eine inflationäre Geldpolitik, staatliche Ausgabenprogramme, ein höheres Budgetdefizit, Steuererhöhungen und verschärfte Regulierungen.

Die Schweiz ist das Land mit der europaweit höchsten und weltweit vierthöchsten wirtschaftlichen Freiheit. Das zeigt der Jahresbericht 2009 des Index für wirtschaftliche Freiheit, der in Zusammenarbeit mit dem Liberalen Institut herausgegeben wird. Damit konnte die Schweiz ihren Platz an der Spitze der internationalen Wettbewerbsfähigkeit verteidigen. Erneut erwies sich Hong Kong als das Land mit der weltweit grössten ökonomischen Freiheit, gefolgt von Singapur und Neuseeland. Das Land mit der geringsten Wirtschaftsfreiheit ist Simbabwe, gefolgt von Myanmar und Angola.

Der Index wirtschaftlicher Freiheit wird durch das kanadische Fraser Insitute in Kooperation mit weltweit 75 unabhängigen Institutionen erstellt. Er beurteilt die politischen Rahmenbedingungen eines Landes anhand von 42 Indikatoren und kalkuliert so eine Rangordnung der untersuchten Länder. Die wirtschaftliche Freiheit eines Landes wird in fünf Bereichen gemessen: (1) Umfang der Staatstätigkeit, (2) Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit privaten Eigentums, (3) Stabilität der Währung, (4) internationale Handelsfreiheit und (5) Regulierungsdichte. Untersuchungen auf Basis des Index wirtschaftlicher Freiheit zeigen, dass wirtschaftliche Freiheit einen positiven Einfluss auf das Bruttosozialprodukt und das Wirtschaftswachstum eines Landes entfaltet. Darüber hinaus kann ein positiver Zusammenhang zur Lebenserwartung und Wohlfahrt der Bürger nachgewiesen werden.

«Es ist offensichtlich, dass bürgerliche Freiheiten und der Respekt der Grundrechte untrennbar mit wirtschaftlicher Freiheit verbunden sind. Die Bedeutung der wirtschaftlichen Freiheit für den Fortschritt vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern kann nicht überschätzt werden», kommentiert Dr. Christian Hoffmann, Forschungsleiter des Liberalen Instituts.

Folgen der Finanzkrise

Erstmals untersuchte der Bericht die Auswirkungen von Bankenkrisen auf die wirtschaftliche Freiheit der betroffenen Länder. Dabei zeigte sich, dass solche Krisen kurzfristig zu einer Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit führen. Die politischen Reaktionen auf die jüngste Finanzkrise entsprechen diesem Muster: eine inflationäre Geldpolitik, staatliche Ausgabenprogramme, ein höheres Budgetdefizit, Steuererhöhungen und verschärfte Regulierungen bedrohen die wirtschaftliche Freiheit. «Die Angriffe auf das Bankgeheimnis und den Schweizer Steuerwettbewerb im Nachgang der Finanzkrise sollten als Bedrohung der wirtschaftlichen Freiheit ernst genommen werden», kommentiert Pierre Bessard, Direktor des Liberalen Instituts. «Wenn internationale Organisationen wie die OECD und G20 durch koordinierte Massnahmen die Wirtschaftsfreiheit einschränken, droht die Welt nachhaltig an Wohlfahrt zu verlieren. Freiheit ist die notwendige Voraussetzung für eine Erholung der Wirtschaft und den Weg aus der Rezession.»

Die aktuelle Studie zeigt: In der Vergangenheit schlossen sich durch Krisen erschütterte Länder langfristig wieder dem weltweiten Trend zu mehr wirtschaftlicher Freiheit an. Die Autoren warnen jedoch, dass frühere Bankenkrisen selten ein globales Ausmass annahmen, die jüngste Finanzkrise stellt daher eine neue Dimension der Bedrohung wirtschaftlicher Freiheit dar und könnte zu dauerhaften Rückschlägen führen.

Ranking der Schweiz und internationaler Vergleich

Die Schweiz erhielt im diesjährigen Bericht die folgenden Wertungen (jeweils auf einer Skala von 1 bis 10, wobei 10 den höchsten Wert wirtschaftlicher Freiheit darstellt): • Umfang der Staatstätigkeit: Gesunken auf 7,93 von 7,97 im Vorjahr; • Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit privaten Eigentums: Stabil bei 8,62 (Vorjahr: 8,59); • Stabilität der Währung: Gestiegen auf 9,77 (Vorjahr: 9,56); • Internationale Handelsfreiheit: Erholung auf 6,82 von 6,78; • Regulierungsdichte: leichter Rückgang auf 7,69 (Vorjahr: 7,71).

Unter den 10 wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt finden sich neben Hong Kong (8,97 von 10 möglichen Punkten), Singapur (8,66), Neuseeland (8,30) und der Schweiz (8,19) auch Chile (8,14), die Vereinigten Staaten (8,06), Irland (7,98) und Kanada (7,91). Australien erreicht mit 7,89 dieselbe Punktzahl wie Grossbritannien, gefolgt von Estland (7,81). Unter den weiteren grossen Volkswirtschaften konnte Deutschland Platz 27 (7,50), Japan Platz 28 (7,50), Frankreich Platz 33 (7,43) und Italien Platz 61 (6,59) belegen. Erneut zeigen die grossen Wachstumsmärkte wie Indien (86/6,45), China (82/6,54), Brasilien (111/6,00) und Russland (83/6,50) erheblichen Aufholbedarf in Hinblick auf ihre Wirtschaftsfreiheit. Einige Länder konnten 2009 ihre Wertungen deutlich steigern. Estland gewann seit 1995 beinahe 2 Punkte hinzu und gehört damit heute zu den wirtschaftlich freiesten Ländern der Welt (Rang 11). Auch Lettland und Litauen konnten ihre Positionen deutlich verbessern. Zu den Gewinnern gehörten auch die EU-Mitglieder Zypern und Ungarn sowie Kuwait und Südkorea. Die afrikanischen Nationen Sambia und Ghana konnten ebenfalls Gewinne an wirtschaftlicher Freiheit verbuchen.

Dennoch belegen zahlreiche afrikanischen Nationen weiterhin die Schlussplätze des internationalen Index. Die 10 Länder mit der geringsten wirtschaftlichen Freiheit sind 2009 Simbabwe (2,89), Myanmar (3,69), Angola (4,04), Venezuela (4,33), die Republik Kongo (4,44), die Zentralafrikanische Republik (4,79), Guinea-Bissau (4,84), die Demokratische Republik Kongo (5,00), Tschad (5,09) und Niger (5,11). Als besonders dramatisch erwies sich zuletzt der Rückgang wirtschaftlicher Freiheit in Simbabwe und Venezuela.

14. September 2009