Wie man den US-Dollar zerstört
Warum der US-Dollar als Weltreservewährung zunehmend ins Wanken gerät.
Mehrere Staaten, welche den USA und ihren Partnern kritisch gegenüberstehen, darunter China, Russland, Brasilien, Indien, Indonesien, Argentinien und Südafrika, sind kürzlich zusammengetroffen, um Möglichkeiten der Entthronisierung des US-Dollars als wichtigste Weltreservewährung auszuloten. Diese und andere Staaten befinden sich in einem offenen Aufstand gehen den «Finanzimperialismus» der USA.
Nachfolgend dazu einige Hintergründe und geschichtliche Zusammenhänge. Eine Reservewährung ist eine Fremdwährung, welche von Zentralbanken und weiteren Finanzbehörden gehalten wird, um ihre internationalen Transaktionen und Investitionen zu besichern, bzw. um in schwierigen Zeiten als finanzielle Sicherheit zu dienen.
Machtablösung in Bretton-Woods
Mit der Ausdehnung des Britischen Weltreiches im achtzehnten Jahrhundert, wurde das Pfund zur wichtigsten Weltreservewährung, was bis 1914 so blieb. Nachdem die beiden Weltkriege Grossbritannien beinahe ruiniert hatten, wurden die USA zur grössten und bedeutendsten Volkswirtschaft und der US-Dollar wurde zunehmend zur bevorzugten Weltreservewährung. Heutzutage werden die meisten weltweiten Warenpreise und internationalen Geschäfte in US-Dollar angegeben und abgewickelt.
Auf der Bretton-Woods-Konferenz von 1944 wurde von den 44 anwesenden Staaten die wirtschaftliche Nachkriegsordnung festgelegt. Es wurde vereinbart, dass die USA den Wert ihres Dollar an Gold binden und die anderen Staaten ihre Währungen wiederum an den US-Dollar koppeln, welcher so geradezu zur ausdrücklichen Reservewährung wurde. Dieses System funktionierte während der ersten Dekaden reibungslos. Als viele Staaten ihre Volkswirtschaften nach dem Kriege wieder aufbauten und schnell wuchsen, begannen einige, ihre Dollarbestände gegen Gold einzutauchen, was einen Ansturm auf die US-Goldreserven nach sich zog.
Präsident Richard Nixon schloss das Goldfenster 1971: Damit beendete die US-Regierung die Bereitstellung von Gold gegen US-Dollar, welche vom Ausland gehalten wurden. Dennoch hielten die meisten Staaten weiterhin grosse Mengen (durchschnittlich über 70%) ihrer Fremdwährungsreserven in US-Dollar. Die Preise der meisten Güter wie Öl, Kupfer, Kaffee, Weizen, usw., werden weiterhin in US-Dollar angegeben und verrechnet.
Aus der weltweiten dollarbasierten Wirtschaft erwuchsen den USA zahlreiche Vorteile. Zinsen, welche auf ausländisch gehaltene US-Staatsanleihen gezahlt wurden, lagen oft gleich oder sogar unter der Inflationsrate, was den USA im Wesentlichen zu zinslosen Krediten verhalf. Viele Ausländer, welche ihren eigenen Regierungen nicht trauen, halten erhebliche Teile ihrer vorsorglichen und flüssigen Ersparnisse in physischer US-Währung. Es werden deutlich mehr 100-Dollarscheine von Ausländern als Amerikanern gehalten. Tatsächlich sind auch diese Bestände Subventionen für den US-Steuerzahler.
Vertrauensverlust beschleunigt sich
Wenn die USA, wie derzeit, eine Hochinflationszeit durchleben, wächst die Subventionierung der US-Bürger durch ausländische Halter von US-Noten und Wertpapieren zügig. Die Kaufkraft im Ausland wird reduziert durch die Ausgabe neuer Geldeinheiten in den USA. Vielen Staaten missfällt diese Tatsache. Dennoch sind sie bis heute der Ansicht, dass sie diesbezüglich ausser bilateralen Handelsabkommen wenig unternehmen können.
Russland hat zugestimmt, chinesisches Geld für sein Öl und weitere Güter zu akzeptieren. Die Chinesen verfügen über zahlreiche Produkte, welche die Russen kaufen können, von Spielzeugen hin zu Hochtechnikprodukten, darum folgt diese Zustimmung einer gewissen Logik. Doch selbst wenn die Chinesen verschiedene bilaterale Verträge mit warenproduzierenden Staaten schliessen, ist die chinesische Währung weit vom Status einer Reservewährung entfernt. Derzeit werden lediglich 3% aller internationalen Reserven in Renminbi gehalten, während es beim US-Dollar ca. 60% sind (vor wenigen Jahren noch 70%).
Das Erlassen von Sanktionen seitens der USA und weiterer Staaten gegen Russland führte dazu, dass um die Hälfte seiner Reserven eingefroren wurden, und dass russische Banken das weltweite «SWIFT»-System nur noch eingeschränkt benutzen können. Dies verursachte in der russischen Finanzbranche Panik und führte in anderen Staaten zur Befürchtung, dass sie irgendwann selbst Opfer von Sanktionen werden könnten. SWIFT ist das Finanzinformationssystem, welches Banken erlaubt, grenzüberschreitende Transaktionen vorzunehmen.
Wer springt in die Bresche?
Für manche Staaten, darunter China, gleicht die Erschaffung einer Reservewährung einer Herkulesaufgabe, denn die Nutzung von Fremdwährungen ist eine Vertrauensfrage. Die USA verlieren zwar Vertrauen, andere Staaten gewinnen dieses jedoch nicht; es braucht nämlich die Zuversicht, dass der reservehaltende Staat ebenjene nicht aufgrund einer Meinungsverschiedenheit beschlagnahmt, so wie die USA im Falle Russlands. Staaten wie Schweden, Australien und Japan wissen, dass sie nichts zu befürchten haben, andere sind darüber ungewiss.
Staaten brauchen die Zuversicht, dass die Finanzbehörden des Landes, in welchem sie ihre Reserven halten, diese nicht weginflationieren. Während der langen Phase tiefer Inflation in den USA bestand diesbezüglich wenig Sorge. Heute, mit den waghalsigen Geld- und Wirtschaftstaktiken von Yellen, Powell und Biden, haben viele möglicherweise Befürchtungen vor Geldentwertungen.
Zentralbanker haben gegenüber all ihren Bürgern die treuhänderische Verantwortung, Reserven zu schützen, und für die meisten Staaten ist der US-Dollar trotzt aller Probleme nach wie vor die beste Alternative. Sollte sich die Dollarsituation jedoch weiter verschlechtern, werden vermutlich mehr Zentralbanken ihre Bestände in andere Währungen, in Gold, Silber und andere Metalle wie Aluminium und Kupfer, oder auch Bitcoin diversifizieren.
Dieser Beitrag ist am 3. April 2023 in der Washington Times erschienen.
Richard W. Rahn ist der Vorsitzende des Institute for Global Economic Growth und MCon LLC.
Mai 2023
