Unter dem Deckmantel der Bekämpfung von «Fake News» und «Hate Speech» wird immer eindringlicher an den Staat appelliert. Er habe diese zu unterbinden, weil beides die Demokratie gefährde. Was vordergründig vernünftig klingen mag, ist auf den zweiten Blick eine Schnapsidee.
Im heutigen Internetzeitalter wimmelt es nur so von «Fake News». Es brauche dementsprechend – so der verständliche Wunsch – unbedingt einen zuverlässigen Akteur, der diesem Trend trotze. Auf diesen Akteur sollen sich die Bürger verlassen können. Wenn er etwas verkündet, dann sollen die Menschen dies nicht in Zweifel ziehen müssen, weil es eben die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist: Und dieser Akteur sei – so der allgemeine Tenor – der Staat, oder der staatlich finanzierte Rundfunk.
Wer glaubt, «Fake News» und «Hate Speech» könnten objektiv und neutral durch staatliche Eingriffe oder durch ein staatsfinanziertes Medium verbannt werden, verkennt, dass der Staat keine Anstalt ist, in der ausschliesslich Heilige und Wahrheitssuchende arbeiten.
Wenn dem Staat die Macht verliehen wird, darüber zu richten, welche Nachrichten nun als «Fake News» oder «Hate Speech» abzuqualifizieren sind und welche nicht – in anderen Worten: wenn Funktionäre abschliessend darüber bestimmen dürfen, was nun wahr oder unwahr ist; was gesagt werden darf und was nicht –, besteht die grosse Gefahr des Machtmissbrauchs. Wer kann dann garantieren, dass Nachrichten und Kommentare nicht willkürlich und den Interessen der Regierenden entsprechend manipuliert werden? Ein Überwachungsorgan? Vielleicht. Aber wer überwacht dann die Überwacher?
So besteht durchaus die Gefahr, dass unliebsame aber wahrheitsgetreue Meldungen als «Fake News» und vernünftige Aussagen Andersdenkender als «Hate Speech» abqualifiziert und verbannt werden. Gleichzeitig könnten tatsächliche «Fake News» als Wahrheit verkauft werden und echter «Hate Speech» wie der Aufruf zur gewaltsamen Enteignung einer bestimmten Gruppe plötzlich als legitim geframt werden.
Die politische Definition von Wahrheit ist ein typisches Merkmal von Diktaturen. Dennoch ist staatliche Propaganda auch ein bekanntes Mittel demokratischer Staaten. So beschäftigen sich mehrere hundert Vollzeitstellen in den sieben Bundesdepartementen und in der Bundeskanzlei mit «Information und PR».
Erfahrungsgemäss haben politische Entscheide meist wenig mit Objektivität und Wissenschaftlichkeit zu tun. Dennoch wird gerade die offizielle politische Sprache oft unkritisch von berichterstattenden Medien übernommen oder medialen Nachrichten wird nur ein Wert beigemessen, wenn sie von den Amtsinhabern verkündet werden.
Die Überzeugung, der Staat oder der staatlich finanzierte Rundfunk versorge die Bürger mit nichts als der Wahrheit, ist nicht nur reichlich naiv, sondern auch gefährlich. Durch diese eingebildete Wahrheits-Garantie entsteht eine kritiklose Aufnahme von News-Häppchen, die oftmals verkappte Staatspropaganda sind.
Vielmehr ist es eine Tugend, gegenüber jeglicher medialer Berichterstattung kritisch eingestellt zu bleiben. Es gibt keine Wahrheits-Garantien: bei alternativen und traditionellen Medien nicht, aber auch nicht beim staatlichen Rundfunk.
Anstatt die Bürger zu behüten wie Kleinkinder, die angeblich den noch so absurdesten Märchen blind Glauben schenken, sollte man sie lieber dem freien Markt aus konkurrierenden Meinungen aussetzen. Dort vermag sich eine kritische Medienkompetenz viel eher herauszubilden als unter paternalistischen Vorzeichen.