Über Afrika zu reden ist im heutigen durch «Political Correctness» dominierten Zeitalter problematisch. Bei keinem anderen Kontinent ist die Rede so polarisiert, so emotional und moralisch aufgeladen. Das gilt auch für die Frage der Entwicklungszusammenarbeit, die oft in Verbindung gebracht wird mit einer vergangenen und gegenwärtigen Schuld des Westens gegenüber Afrika. Wichtige Fragen wie rudimentäres «Nation-building», schlechte Regierungsführung, Korruption oder Demografie werden häufig ausgeblendet oder als politisch inkorrekt gebrandmarkt.
Bei der Analyse der Entwicklungszusammenarbeit lassen sich grob zwei Ansätze unterscheiden: Die eine wird von Jeffrey Sachs angeführt, der eine Art gigantische Anschubfinanzierung für Afrika fordert, damit der Kontinent der «Armutsfalle» entkommt. Auch der deutsche «Marshallplan mit Afrika» oder die Forderung «0,7 % des BSP» folgt dieser Logik von «mehr Geld gleich mehr Entwicklung». Dem entgegen stehen Skeptiker wie William Easterly oder Dambisa Moyo, die Entwicklungshilfe nicht nur als unnütz, sondern sogar als oft schädlich einschätzen. Die Gelder der «Gebernationen» können die Korruption anheizen, wirtschaftliche Entwicklung hemmen und diktatorische Regimes zementieren. Ein wichtiger Beitrag zur Diskussion stammt auch von Paul Collier, der zeigt, dass die in Bezug auf Afrika häufig gehörte Behauptung «Sie sind arm, weil wir reich sind» falsch ist. Die Weltwirtschaft ist kein Nullsummenspiel.
Es stimmt nicht, dass die «Multis» die Anstrengungen Afrikas, sich zu industrialisieren, systematisch hintertreiben. Der Westen hat durchaus auch ein ökonomisches Interesse an einem funktionierenden, prosperierenden Afrika als Produktionsstandort und Absatzmarkt. Für die Rohstofffirmen wäre es häufig lukrativer, sie könnten die Ressourcen vor Ort verarbeiten. Aber die Voraussetzungen für eine solche Art von längerfristigem Engagement — Infrastruktur, Transportwege, Energieversorgung, Rechtssicherheit, Personal, Stabilität — sind gerade in den Rohstoffländern oft nicht gegeben. Ein wohlhabendes, funktionierendes Afrika wäre nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Absatzmarkt für die Industrieländer interessant. Dieses Afrika der Zukunft wird jedoch kaum durch Entwicklungszusammenarbeit errichtet.
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