Seit den 1960er Jahren legitimieren neoklassische Ökonomen mit dem Hinweis auf ein angebliches Marktversagen die Regulierung und Kollektivierung des Gesundheitssektors. Dabei wird von einem idealtypischen Marktmodell ausgegangen, für welches gewisse Bedingungen bestehen müssen, damit es optimal und effizient funktioniert. Hierzu gehören das Bestehen vollkommener Information, homogene Güter, Konsumenten-Souveränität, Fehlen von Externalitäten und kostenloser Marktzugang.
Entgegen der neoklassischen Annahme sind Märkte nie perfekt, sondern befinden sich in einem Prozess des Strebens nach einem Optimum. Ein Gleichgewicht ist eine Momentaufnahme, der Markt hingegen ein Prozess. Die Frage lautet daher: Ist das Fehlen eines Marktes, also ein staatlich organisiertes Gesundheitswesen, besser als ein Markt mit Ungewissheiten? Der weitgehende Verzicht auf Marktmechanismen mit Preisbildung als Informations- und Allokationssignale führt unweigerlich zu Fehlanreizen, rigiden Strukturen und Bürokratisierung. Anstelle der spontanen Ordnung des Marktes entsteht ein chaotisches Geflecht unklarer Ansprüche und Gegenleistungen. Regulierungsspiralen, Lobbying und ausufernde Kosten sind die klassischen Folgen. Darauf folgen zentralistische Steuerungsversuche, welche schliesslich zu willkürlicher Rationierung führen.
Bei Gesundheitsleistungen handelt es sich um eine heterogene Menge komplett unterschiedlicher Güter und Leistungen, die in unterschiedlicher Menge, Qualität und Kombination erhältlich sind. Anstatt sich mit Regulierung und Zugangsgerechtigkeit zu diesem imaginären Konstrukt der «Gesundheit» zu befassen, sollte das Augenmerk auf die spezifischen Leistungen und Bedürfnisse gelegt werden. Voneinander völlig verschiedene Leistungen wie z.B. Ohrenspülung, Nierentransplantation und Psychotherapie haben nichts gemeinsam, das einer kollektivistischen Regulierung und Finanzierung bedarf.
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