Schon vor der letzten Wahl hat sich US-Präsident Donald J. Trump dafür ausgesprochen, die bundesweite Einkommensteuer abzuschaffen und gleichzeitig – um den Steuerausfall zu kompensieren – Zölle auf Importgüter zu erheben. Kann das funktionieren? Im Jahr 2023 betrugen die Einnahmen aus der Einkommensteuer 2,2 Billionen US-Dollar, die Importe in die USA beliefen sich auf 3,9 Billionen US-Dollar. Bei gegebenem Importvolumen müsste also der Importzoll auf fast 75 Prozent gesetzt werden, um den Ausfall der Einkommensteuer aufzufangen. Für importierte Waren, die vorher 100 US-Dollar gekostet haben, müssten die Amerikaner also fortan 175 US-Dollar bezahlen. Dabei ist zu beachten, dass die Importe in die USA (die sich durch einen Zoll verteuern würden) sich in 2024 auf ‚nur‘ etwa 14 Prozent des US-Bruttoinlandsproduktes beliefen. Gleichzeitig steigt jedoch durch die anvisierte Abschaffung der Einkommensteuer die Kaufkraft der US-Bürger. Sie würde – rein rechnerisch – die privaten Konsumausgaben um gut 11 Prozent pro Jahr erhöhen.
Abbildung: „Die große Änderung kam 1913 …“
Einnahmen des US-Staats in Prozent des Bruttoinlandsproduktes (1)
Quelle: Ed Conway, Sky News, 22. Januar 2025, BOOM & BUST REPORT. — (1) Tariffs and Duties: Zölle und Gebühren, Income Tax: Einkommensteuer, Social Insurance: Sozialversicherung, Federal Outlays: Ausgaben des Bundes.
Ob aber Einkommensteuer oder Importzölle: Die Rechnung zahlt in jedem Fall der US-Konsument, und der Staat steckt das Geld ein. Man sollte an dieser Stelle jedoch weitere Folgeeffekte berücksichtigen, um die ganze Bedeutung von Trumps Importzollidee besser abschätzen zu können.
Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der US-Wirtschaft
So macht die Verteuerung von Importgütern die Güter, die in den USA hergestellt werden, preislich wettbewerbsfähiger. Produktion und Beschäftigung in Amerika werden gefördert, ausländische Produzenten haben das Nachsehen. So mancher Erzeuger aus dem Ausland wird sich daher wohl entschließen, fortan seine Güter in den USA zu erstellen. Dieser Anreiz wird verstärkt, indem die Trump-Administration für die niedrigsten Unternehmenssteuern im weltweiten Vergleich sorgen will. Auch das, in die Tat umgesetzt, beflügelt die US-Wirtschaft.
Und wenn es Trump dann auch noch gelingt, den „Tiefen Staat“ zurückzudrängen, ihn zu verkleinern, die Wirtschaft zu deregulieren, dann nehmen auch die Produktionskosten der Firmen ab. Zudem erhöhen freigesetzte Staatsangestellte das Arbeitskräfteangebot, drücken die Löhne tendenziell nach unten, verringern ebenfalls die Kosten der Gütererzeugung. Zusammengenommen steigt dadurch die Kaufkraft der Amerikaner und die US-Wirtschaft erhält neue Impulse.
Erhöhter Wettbewerbsdruck auf Konkurrenz im Ausland
Gleichzeitig setzen US-Importzölle andere Regionen der Welt gehörig unter Druck. Zum einen durch Kapital, das aus beispielsweise Europa und Asien nach Amerika verlagert wird. Die Regionen, aus denen Kapital abwandert, sind gezwungen gegenzusteuern, wollen sie nicht dauerhaft an Wirtschaftskraft einbüßen: Nötig sind dann Steuern senken, Regularien abbauen, den Staat verkleinern. Zum anderen ist absehbar, dass, sollte Trumps Agenda einen wirtschaftlichen Aufschwung in Gang setzen, es vor allem talentierte junge Menschen in die USA zieht. Für andere Wirtschaftsräume in der Welt, die sich nicht attraktiv(er) machen, bedeutet das entsprechend: „Braindrain“, also den Abfluss von Leistungsträgern – und der ist vor allem eine Katastrophe für die schnell alternden Gesellschaften in Europa und in Teilen Asiens.
Nachteile für Konsumenten und gesellschaftlichen Frieden
Aber selbstverständlich gibt es auch viele Nachteile, die mit einer Importzollpolitik verbunden sind. Wie bereits gesagt: Importzölle gehen, wie jede andere staatliche Zwangsabgabe auch, auf die Kosten der Konsumenten. Sie sind die Leidtragenden. Zudem ist absehbar, dass ein politisches Hauen-und-Stechen im Inland darüber einsetzt, welche Güter aus welchen Regionen der Welt mit einem Importzoll belegt werden sollen. Und im Ausland üben Politiker und Interessengruppen Vergeltung und erheben ebenfalls Zölle, mit schädlichen Folgen für alle Konsumenten, den internationalen Handel und damit auch für die Qualität der Beziehungen der Staaten untereinander – Stichwort: „Handelskrieg“. Kurzum: Importzölle verringern die Wohlfahrtsgewinne, die den Menschen alternativ aus einer völlig freien internationalen Arbeitsteilung und einem ungehemmten Güterverkehr erwachsen.
Tendenz zur Verkleinerung des Staates
Per Saldo würden die Amerikaner jedoch vermutlich recht gut fahren, die Einkommensteuer durch Importzölle zu ersetzen, wie Trump es vorschlägt. Sie würden – zumindest kurzfristig – mehr gewinnen als verlieren. Auch langfristig gesehen, kann Trumps Zollpolitik etwas abgewonnen werden: Ihr wohnt eine staatsverdrängende Dynamik inne. Denn Trumps Zollpolitik würde sich über die Zeit gesehen quasi wieder selbstabschaffen: Wenn die Zölle dafür sorgen, dass fortan mehr in den USA produziert und entsprechend weniger importiert wird, dann schwinden die Einnahmen aus den Importzöllen – denn die Zölle lassen sich rein praktisch gesehen nicht endlos anheben, solange eine Volkswirtschaft nicht zu 100 Prozent autark ist. Das wiederum erzwingt den Abbau von Staatsausgaben – wenn nicht andere Steuern angehoben werden und/oder die Politik ihre Ausgaben verstärkt auf Pump finanziert. So gesehen ist die Importzollpolitik, die eine Einkommensteuer ersetzt, zumindest potentiell ein recht effektives Druckmittel, um den ‚Tiefen Staat‘ finanziell auszutrocknen.
Rückkehr zur „Bürgersouveränität“ des amerikanischen Traums
Trump scheint inspiriert zu sein von der Zeit vor 1913 – einer Phase, in der es in den USA noch keine Einkommensteuer auf Bundesebene gab (und übrigens über weite Zeiträume auch keine US-Zentralbanken): Der Staat war denkbar klein und für das alltägliche Leben der Bürger quasi bedeutungslos, seine Einnahmen stammten im Wesentlichen nur aus Zöllen und Gebühren, und insgesamt beliefen sie sich auf durchschnittlich nur etwa zwei bis drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (siehe hierzu die Abbildung oben). So gesehen hat Trumps Agenda durchaus das Zeug, den ausgewucherten US-Staatsapparat und alles, was an ihm hängt, wieder klein zu schrumpfen, und den amerikanischen Traum wieder aus der Versenkung zu holen und groß zu machen.
Schlussbetrachtung
Doch am Ende des Tages lässt sich das, was heute den erreichten Wohlstand bedroht, den zivilisatorischen Niedergang vorantreibt – also der Staat, wie wir ihn heute kennen –, nur wirksam zurückdrängen, abbauen und entmachten, wenn die Menschen wirklich aufwachen, also erkennen und einsehen, dass der Staat (wie wir ihn heute kennen) ethisch inakzeptabel und ökonomisch widersinnig ist; dass man es besser machen kann und muss.
Den Weg dorthin kann die „Trump-Revolution“ ebenen – und ja, sie kann funktionieren. Vielleicht ist die Agenda von Donald J. Trump ja tatsächlich so etwas wie eine Initialzündung, wird zur echten Revolution der bestehenden Verhältnisse, erweist sich als erfolgreiche Operation am offenen Herzen, die den Patienten vor den Augen der Weltöffentlichkeit gesunden lässt, den wahnhaften neo-sozialistischen Ideologen einen Rückschlag versetzt, von dem sie sich vermutlich so schnell nicht mehr erholen werden; nicht in den Vereinigten Staaten von Amerika – und auch nicht in Europa.
Dieser Beitrag erschien ursprünglich beim Ludwig von Mises Institut Deutschland.