Die Schweiz ist kein sozialistisches Land. Eigentlich. Denn hier und da finden sich doch seltsame Experimente, die einen deutlich sozialistischen Charakter aufweisen: Die zwangsfinanzierte Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) hat es geschafft, jeglichen Wettbewerb auf dem Rundfunkmarkt auszuschalten. In einem Land von 7,8 Millionen Einwohnern betreibt sie nicht weniger als 8 Fernseh- und 18 Radiosender — unter dem schönen Titel eines «Service public». Der SRG-Generaldirektor droht derweil regelmässig mit Programmabbau, sollte die Politik keine x-te Gebührenerhöhung durchwinken. So wurden die Gebühren seit 1990 um 55% verteuert — trotz Rekordanstieg der Haushaltsanzahl. Die winzigen und wenigen verbliebenen Privatsender werden dabei mit Krümeln vom reichlich gedeckten Gebührentisch bei der Stange gehalten (50 Millionen von 1,2 Milliarden Franken Gebühreneinnahmen). Kein Wunder kommt der Medienminister zur verblüffenden Erkenntnis, der Medienmarkt der Schweiz funktioniere nicht.
Wie aber lässt sich im Jahr 2010 ein zwangsfinanziertes Medienangebot überhaupt noch rechtfertigen? Die SRG-Sender strahlen dieselben Krimis und die gleichen Unterhaltungssendungen aus, wie kommerzielle Sender im Ausland. Wenn ein solches Angebot mit «Schweizer» Label tatsächlich vom Konsumenten gewünscht wäre, würden diese es auch freiwillig finanzieren, so wie sie ja auch andere kulturelle Güter erwerben. Längst ermöglicht die Technologie massgeschneiderte Angebote «on demand» oder per Abonnement. Die Angebotsphilosophie der SRG scheint dagegen im Jahr 1931 stehen geblieben zu sein, als das Unternehmen gegründet wurde.
Glaubt man dem SRG-Generaldirektor, dann gehört inzwischen selbst das Internet zum «Service public». Ausgerechnet in der Schweiz, in der die Verbindungsdichte eine der weltweit höchsten ist. Natürlich lässt sich mit dem Slogan eines «Service public» jede noch so abstruse Expansion der Staatswirtschaft entschuldigen, entbehrt er doch jeglicher Substanz. Schliesslich dient auch jede marktwirtschaftliche Dienstleistung privater Unternehmen der «Öffentlichkeit» — andernfalls hätten diese schlicht keine zahlungsbereiten Kunden. Würde man also der SRG-Logik folgen, so müsste der Staat auch so unerlässliche «öffentliche Dienstleistungen» wie die Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Kleidern und Wohnungen zwangsfinanzieren und kontrollieren. In östlicheren Gefilden wurde dies sogar einst versucht…
Tröstlich ist, dass jeder Schweizer den «Service public» der SRG-Produktionen auch schlicht ignorieren kann — niemand ist gezwungen, ihre Programme zu konsumieren. Dies macht die Zwangsfinanzierung und die jeden Wettbewerb erstickende Dominanz der SRG im Mediensektor jedoch nicht weniger problematisch. Denn warum sollten auch jene Menschen, die SRG-Produktionen nicht schätzen, oder zumindest nicht bereit sind, ihren aktuellen (erheblichen) Preis zu bezahlen, hierzu gezwungen werden?
Es stellt sich die Frage: Welche Art von Produzent hat eigentlich Interesse an der Zwangsfinanzierung seines Angebots? Primär doch jener, der fürchten muss, für ein minderwertiges Angebot andernfalls nicht ausreichend viele Abnehmer zu finden. Sollte ein solcher Produzent wirklich staatlich gefördert werden? Und welche Art von Abnehmer schätzt die Zwangsfinanzierung eines Angebots? Schlicht jener, der seine privaten Präferenzen gerne durch Andere finanziert sehen will. «Service public» als Dienstleistung für Schmarotzer?
Die SRG hat einen lebendigen Schweizer Medienmarkt im Bereich des Rundfunks systematisch unterdrückt. Die Politik verhindert mit Werbeverboten sowie Einschränkungen und Willkür bei der Vergabe von Lizenzen konsequent das Entstehen einer nennenswerten privaten Konkurrenz. Es ist in dieser Situation nur eine skurrile Randnotiz, dass die Billag AG alleine für den Besitz eines empfangsbereiten Geräts Gebühren einkassiert, unabhängig davon, ob die Staatsprogramme überhaupt konsumiert werden (und dafür selbst sage und schreibe 53 Millionen Franken pro Jahr verschlingt). Fest steht: Die Zwangsfinanzierung der SRG stellt im 21. Jahrhundert nicht nur einen Anachronismus, sondern vor allem eine radikale Einschränkung der Wahlfreiheit der Konsumenten und der Wirtschaftsfreiheit potentieller Anbieter dar. Es gilt heute nicht mehr nur die Billag umgehend abzuschaffen, sondern das komplette System zwangsfinanzierter Medien. Dann wird sich auch der Medienminister wundern, welche Kreativität und Vielfalt ein freier Medienmarkt zu entfesseln vermag.
Dieser Artikel wurde in «DenkBar» publiziert.