Die Linksverschiebung im Berufsfeld der Journalisten gemessen am Bevölkerungsdurchschnitt ist ein seit Jahrzehnten wieder und wieder bestätigter Befund. Wenn die politische Homogenität eine kritische Schwelle überschreitet, beeinträchtigt dies die Leistung der Branche. Wenn zu viele innerhalb einer Berufsgruppe zu ähnlich denken, schleicht sich «Groupthink» ein, Fehler werden übersehen, die Innovationskraft lässt nach. Wenn sich also gemäss aktuellen Studien mal zwei Drittel, mal 70 oder gar 80 Prozent der Journalisten auf einer Hälfte des politischen Spektrums versammeln, ist Vorsicht angebracht.
Je politisch homogener das Berufsfeld ist, desto eher fehlen dem Publikum Ausweichoptionen. Im Falle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fehlen zudem marktbasierte Korrekturmechanismen. Tatsächlich zeigen Daten aus der Schweiz, dass Journalisten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wiederum etwas links von ihren bei privaten Medien arbeitenden Kollegen stehen.
Es ist problematisch, wenn ein grosser Teil des politischen Spektrums sich im professionellen Journalismus nicht repräsentiert sieht. Die Polarisierung der Öffentlichkeit stellt eine grosse Herausforderung westlicher Gesellschaften dar — die nicht unabhängig vom massenmedialen Angebot verstanden werden können. Affektive Polarisierung, also zunehmend negative Einstellungen gegenüber dem «anderen» politischen Lager, nagen an der gesellschaftlichen Liberalität — links wie rechts. Wer das Gegenüber für eine Gefahr der öffentlichen Ordnung hält, will nicht zuhören, sondern bekämpfen. Der Zerfall der medial vermittelten öffentlichen Sphäre ist jedoch zugleich eine Gefahr für den Liberalismus. Verhärtete politische Fronten zerstören den «Marktplatz der Ideen», sie führen zu ungerechtfertigten Gewissheiten, die genau jene Offenheit und Lernbereitschaft unterminieren, die im Herzen des liberalen Projekts stehen.
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