Einen Null- oder Negativzins kann es in einem freien Markt aus handlungslogischer Sicht nicht geben. Die Lebenszeit ist knapp und daher bevorzugen es die Menschen, ihre Ziele lieber heute als morgen zu erreichen. Aus dieser Zeitpräferenz ist der Urzins entstanden, der für den Wertabschlag verantwortlich ist, den die spätere Erfüllung der Bedürfnisse erleidet. Weil die Zeitpräferenz stets positiv ist, muss auch der Zins über der Nullgrenze liegen.
Ohne einen positiven Zins wäre der heutige Wohlstand gar nicht erst denkbar. Bei einem Nullzins gibt es keinen Anreiz mehr, auf heutigen Konsum zu verzichten, zu sparen und das Ersparte zu investieren, damit der künftige Wohlstand wachsen kann. Vielmehr setzt ein Kapitalverzehr ein, bei dem alles vorhandene Kapital verbraucht wird, während Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen ausbleiben. Die Arbeitsteilung hört auf und die Volkswirtschaft fällt zurück in eine primitive Subsistenzwirtschaft.
Der Zins wird politisch von den Zentralbanken missbraucht und künstlich herabgesenkt. Er gerät dadurch aus seinem natürlichen Gleichgewicht, was zu Spekulationsblasen und Verwerfungen an den Märkten führt, zur Verschuldung anreizt und die Menschen zunehmend zu kurzfristigem Denken verleitet. Die staatliche Geldpolitik sorgt daher nicht nur für finanzielle und wirtschaftliche Störungen, sie beschädigt auch das gesamte gesellschaftlich-kulturelle Werte- und Moralsystem. Die Idee einer Null- oder Negativzinspolitik entpuppt sich bei genauerem Nachdenken als eine Politik zur Zerstörung des marktwirtschaftlichen Systems. Das staatliche Geldmonopol ist deshalb mit einer nachhaltig freiheitlichen und produktiven Gesellschaft kaum vereinbar. Zielführender wäre ein freier Markt für Geld, in welchem in Konkurrenz miteinander stehende Geldanbieter um die Gunst der Verbraucher stehen.
Download LI-Paper
(9 Seiten, PDF)